Freitag, 22. Juli 2005
Kopf leer, Kraft voll
Komische Tage liegen hinter mir. Keineswegs unzufriedene oder auffällig stressige, auf persönlicher Seite sogar äußerst konstruktive und hoffentlich zukunftsweisende Tage. Was mir nur ein wenig Sorgen macht, ist meine konsequente Einfallslosigkeit. Nicht, dass ich normalerweise vor Kreativität berste – für einen Gestalter bin ich verhältnismäßig mäßig kreativ – aber was da momentan in meinem Kopf herrscht, kann man nur als Leere bezeichnen.
Auf einen Auftrag, bzw. auf das Entwerfen der Layouts habe ich mich schon ewig gefreut, doch jetzt habe ich zwei ganze Tage drangesessen und nur Müll produziert, nur 0815-Nummern. Das ist ja so 90er
, sagte der Poschist wenig aufmunternd, aber mit Recht. Das wunderbare Bild, das ich von dem Layout bereits seit Wochen im Kopf ausarbeitete, ließ sich nicht auf den Bildschirm übertragen und je mehr ich es versuchte, desto mehr verschwand das Bild aus meinem Kopf, bis nur noch eine vage Ahnung davon übrig war.
Jetzt bin ich diesbezüglich fürchterlich frustriert, der Abgabetermin rückt immer näher und näher und kein Ende meiner Einfallslosigkeit in Sicht.
Im Tausch gegen die Leere im Kopf berste ich momentan vor körperlicher Energie. Ich bin ruhelos, immer auf dem Sprung, will irgendwas machen, irgendwas Arschhochkriegendes, nur nicht hier am Rechner sitzen; durch die Wohnung bei voll aufgedrehter Musik hüpfen, bis meine Beine versagen, eine Stunde tumb durch den Regen rennen, bis mir das Herz aus der Brust springt und meine Lungen sich anfühlen wie ein Schlachtfeld. Doch die Arbeit macht sich nicht von alleine, ich habe Angst, den Rechner zu verlassen, den Moment, den Geistesblitz zu verpassen.
Roam if you want to
Roam around the world
Roam if you want to
Without wings, without wheels
Roam if you want to
Without anything but the love we feel
Überhaupt, habe ich nicht nur die Energie zum Tausche bekommen, sondern auch verdammt unkalkulierbare Laune. Überwiegend fast berstend vor guter Laune, Unternehmungslust in all-you-can-feel-Manier, besonders, wenn Musik mein Trommelfell vibrieren lässt. Kommt mir dann aber irgendwas quer, ist es fast als würde ich rot sehen vor lauter Aggression. Selten habe ich derartige Stimmungsschwankungen erlebt und keinen blassen Schimmer, warum sie mich gerade jetzt plagen.
Doch grade, im Moment, da könnte ich die ganze Welt umarmen.
Take it hip to hip rocket through the wilderness
Around the world the trip begins with a kiss
Ach, der Geistesblitz kann mir heute gestohlen bleiben. Kann ja gerne nächste Woche kommen, ich mach jetzt Feierabend. Zeit, die Kraft auszuleben und ein bisschen in der Welt rumzustreunen. Und zu knutschen, jawoll.
Schönes Wochenende allerseits!
Quelle Zitate: B-52’s, Roam
Dienstag, 19. Juli 2005
Warum ich keine Döner verkaufen könnte.
Da man sich heutzutage darauf einstellen muss, den einmal erlernten und ausgeübten Job nicht das ganze Leben lang machen zu können, schaue ich heute vorsorglich und nach dem Ausschlussprinzip verfahrend über den Tellerrand. Herzlich Willkommen also zu einer neuen Serie hier im Gedankenzoo, nehmen’se Platz, machen’ses sich bequem, denn hier kommen 5 unglaublich spektakuläre Gründe, warum ich keine Döner verkaufen könnte:
- Etwa 10% der Roh- und Fertigmaterialien würden mitnichten ihren Weg zum Kunden finden, sondern in meinem Magen landen. Und sich später auf Hintern und Hüfte fröhlich sammeln und mehren.
- Ich würde spätestens nach dem Erhitzen des Brotes die Details der jeweiligen Bestellung vergessen haben und alle Zutaten einzeln abfragen.
Mit Zwiebeln?
Nee nee, nisch, habbisch doch jesacht, Frollein!
- Ich würde es nicht dulden wollen, dass mich jeder Hanswurst duzt, nur weil man das bei Dönerverkäufern ja so macht.
Gibbste mir 2, mit Alles und Scharf. Und tuste mir’n Hansa, ne, weisste ja.
- Das pingelige Gestarre auf meine Hände würde mich halb wahnsinnig machen. Ich glaube kaum einem nahrungsausgebenden Menschen wird so aggressiv-kontrollierend auf die Finger gestarrt, wie einem Dönerverkäufer. Mit Argusaugen wird beobachtet, ob auch nicht ein Blättchen Salat zu wenig reingestopft oder ein Tröpfchen Sauce zu wenig drübergeträufelt wird. Oder ob sich eine Zutat einschleicht, die man ausdrücklich nicht wünschte. Wie unerträglich, wie bedrückend.
Isch hab jesacht keene Zwiebeln, Mädsch’n, waaaach disch bloß nisch!
, würden die Blicke meinen Händen sagen. Vor lauter Beobachtungsanspannung würde ich sicher doch Zwiebeln draufhauen. - Mir wäre die Zubereitung so eines Standarddöners nach ein paar Stunden schon zu langweilig. Ich würde beginnen, optisch ansprechende Zusammenstellungen zu kreieren und mit weiteren Zutaten hemmungslos experimentieren. Natürlich direkt am „Zum Mitnehmen”-Endkunden, bestimmt vermehrt bei besonders penetranten Handstarrern.
Sie sehen: ich wäre völlig außerstande, den Job des Dönerverkäufers gewinnbringend und verantwortungsvoll auszuführen.
Kommen Sie bald wieder, wenn ich Ihnen 5 gute Gründe nenne, warum ich auch kein Rettungsschwimmer sein könnte.
Samstag, 16. Juli 2005
Autobahn. Insekt. Ich.
Als ich vorhin bei mäßigem Tempo über die Autobahn fuhr, lauthals singend und so sehr von guter Laune getränkt, dass ich der festen Meinung war, nichts könnte mein Seelenwässerchen trüben, hätte ich wohl besser mein Fenster schließen sollen.
Vielleicht wäre mir dann der Schlag unters Auge, den mir eine hereinsausende Wespe verpasste, erspart geblieben. Vielleicht wäre dieses arme – zwar halb zerschmetterte aber doch aktive – Ding dann auch nicht absolut zielgenau zwischen meine Beine gefallen. Vielleicht hätte ich dann nicht noch 10 Kilometer mit einer im Todeskampf befindlichen Wespe im Schritt, regungsloser Körperhaltung und deutlich weniger guter Laune im Gepäck zurücklegen müssen. Vielleicht wäre mir dann auch die fürchterliche Aufgabe des Henkers erspart geblieben.
Vielleicht sollte ich jetzt ein Glas Sekt auf die tote Wespe, mein geschwollenes Auge und meinen unversehrt gebliebenen Schritt trinken. Ja, das klingt gut. Prost!
Dienstag, 12. Juli 2005
Dein Scheiß geht mich gar nichts an.
Eigentlich, ja eigentlich ist mir die Scheiße anderer Leute vollkommen egal. (Wenn ich jetzt Scheiße schreibe, dann meine ich auch Scheiße, das Resultat einer hoffentlich gut funktionierenden Verdauung.) Doch eine „Dame” meines Bürostockwerkes zwingt mich dazu, mich mit der ihren zu beschäftigen. Und zwar auch wortwörtlich.
Es ist mir zwar bekannt, dass Frauen auf der Toilette die wirklichen Schweine unter den Geschlechtern sind, sobald es nicht die Eigene ist, sich Alkohol im Blut befindet und Musik im Hintergrund trällert. Was habe ich schon widdelisch verdreckte Klos betreten; wer einmal das gute alte Warehouse besucht hat, weiß, wovon ich spreche. Nur ist mir neu, dass die Saufrau an sich auch in Büros anzutreffen ist.
Alle paar Tage hinterlässt eine solche Saufrau ihre Kackwurst unangetastet und unbedeckt im Spülbecken der Bürotoilette. Beim ersten Mal dachte ich noch Oh, ouuups, ihhh… War bestimmt ein Versehen.
, doch schnell entdeckte ich die Routine, die dahinter steckt. Mit viel Ekel und spitzen Fingern bin ich regelmäßig gezwungen, mich mit fremder Scheiße auseinanderzusetzen, sie zu entsorgen und den Aufbewahrungsort zu reinigen, bevor ich meinen zarten Hintern mit viel Überwindung auf der Schüssel platzieren kann. Es macht doch schon einen Unterschied, ob man nur weiß, dass weitere Menschen diese Toilette benutzen, oder ob man es sieht.
Nun frage ich mich, was wohl in dem Kopf dieses Weibsstücks vorgehen mag. Hat sie die Bedienung einer Klospülung nie erlernt? Ist sie so stolz auf ihren Erfolg, dass sie ihn herzeigen mag? Ist sie dem Irrglauben erlegen, dass Exkremente von ein paar Täubchen davongetragen werden? Oder denkt sie sich gar Soll das doch die Putze machen!
?
Wie gerne würde ich sie bei frischer Tat ertappen, sie am Schopfe packen und mit der Nase tief in ihre Hinterlassenschaft tunken. Ihr dabei mit einem Schuh den Hintern ordentlich versohlen, dann abspülen und mit ihrem Kopf die Schüssel auswischen. Und nochmal abspülen.
Sowas macht mich einfach wütend. Das ist ja schon mehr als fehlender Anstand, das ist mutwillig und gehört gehörig bestraft.
Heute war wieder so ein Tag, an dem ich mich mit der Scheiße Anderer beschäftigen musste. So sehr, dass ich, als mich ein Kollege fragte ob ich gerne ein Glas Apfelschorle hätte, glatt „Afterschorle” verstand.
Montag, 11. Juli 2005
Fußweg nach Höfen
Wenn es einen Mensch, der einen liebt und den man so fantastisch wiederlieben kann, in eine Ferne verschlägt, die man nicht einfach mal nebenbei erreichen kann, dann ist das ein Kreuz. Ein tragbares Kreuz aber dann, wenn diese Ferne ein unheimlich schöner, kleiner, ruhespendender Ort inmitten der Eifel ist. Dann packt so ein städtisches Landkind wie ich seinen Poschisten ein und macht sich auf, in die ländliche Ferne, geliebten Menschen besuchen und Natur gucken / schnuppern / anfassen / begehen.
Nachdem wir uns, kaum angekommen, den Bauch bis zum Anschlag mit omnivoren Nahrungsmitteln vollgehauen hatten, überließen Frau Maki und ich unsere männlichen Hälften sich selber und den Stubenfliegen und machten uns auf den Weg, Höfen und Umgebung neu zu erkunden. Endlich wieder Kuhmuhen in meinen Ohren, endlich wieder ein Pferd gestreichelt, endlich wieder an der frischen(!) Luft bewegt.
Wider besseren Wissens über die Präsenz des christlichen Glaubens in Form von ans Kreuz genagelten Jesusfiguren an Hecken gewundert. Aufgeregt in Ställe hineingespäht. Die ungewohnte Weite des Grüns genossen. Zu viele Fotos gemacht und daher aus dem Takt gekommen. Irgendwann das Fotografieren eingestellt und auf die Leistungsfähigkeit der hirneigenen Galerie gepocht. Gefühlte hundert Bremsen verjagt (Dreckviecher, widerliche!), über alte und neue Geschichten geplappert. Vollkommen zeitbefreit das Glitzern des Wassers durch das Unterholz bewundert. Der Stille zugehört. Pläne für die nahe Zukunft geschmiedet. Auf eine Holzbrücke gesetzt und dem Wasser beim Umfließen der Steine zugesehen. Frau Maki gegen den Strom, ich mit ihm. Völlig außer Atem gekommen, als wir den steilen „Fußweg nach Höfen” („Weg”… eine stark geschönte Bezeichnung für diesen 30 Zentimeter schmalen, schlittrigen Schotterstreifen am Wald- und Feldrand) erklommen. Herzlich darüber gelacht, und nicht nur darüber.
Heimgekehrt festgestellt, dass die Männer ganz prima miteinander auskamen und daher noch so lange BadmintonFederball gespielt, bis es dank der Dunkelheit nur noch Glücksache war, den Ball zu treffen und die Beine nicht mehr wollten. Gelacht, bis der Bauch Freundschaft mit den schmerzenden Beinen schloss. Viel zu schnell dem geliebten Menschen und seiner Umgebung auf baldiges Wiedersehen gesagt und mit vollkommen sattem Herzen den langen Heimweg angetreten.
Doch nicht nur das satte Herz habe ich mitgenommen, sondern auch den „Fußweg nach Höfen” – in Form eines höllischen Arschmuskelkaters. Von dem ich wahrscheinlich noch bis Ende der Woche zehren werde, höchst dankbar zehren werde. Denn so einen erinnerungsgeladenen Arschmuskelkater, den hat man auch nicht alle Tage.
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