Stunde um Stunde vergeht, lange warte ich auf den Schlaf. Denke dabei an dich – und über dich nach. Über mich. Über uns und über diese schwarze Wolke, die dieser Zeit so tief über unseren Köpfen schwebt und unsere Schultern gen Boden drückt.
Denke, dass wir auch das schaffen, so wie wir schon so Vieles gemeinsam durchgestanden und bewältigt haben. Selbst das heftige Gewitter, das dir die Augen öffnete und mein Herz verbrannte, ist irgendwann ganz still vorbeigezogen. Habe ich dir überhaupt gesagt, dass es vorbeigezogen ist? Dass ich zwar vernarbt, aber nicht mehr bitter bin? Nein, ich glaube, das habe ich dir verschwiegen. Dabei wäre es sicher ganz wichtig für dich, es zu erfahren. Nur habe ich Angst, dieses Wissen würde dich leichtfertig machen und in Sicherheit wiegen, die ich dir, uns, nicht geben kann.
Dabei hast du diese Ehrlichkeit verdient, sie würde dir sicher gut tun. Du hast so hart an dir gearbeitet, dass ich nicht umhinkomme, dich verwundert und voller Respekt anzusehen und neu zu erleben. Denn du hast es geschafft, dich zu verändern, ohne jemand Anders, jemand Fremdes zu werden. Du bist mir nah und vertraut, endlich wieder ohne den Schmerz, den ich lange in mir trug.
Beißt dich dein Gewissen noch? Das sollte es nicht, möchte ich gerne sagen. Jeder Mensch macht Fehler, jeder Mensch tut anderen Menschen weh und jeder Mensch schlägt manchmal unbedacht einen Weg ein, der verheerende Folgen für Andere, oft auch für seine Lieben hat. Dass dein unbedachter Weg gerade mich und meinen Stolz kreuzte, sollte mich eigentlich nicht dazu bewegen, dich mit anderem Maß zu messen, als mit dem für alle Anderen gültigen. Doch ich war nicht fair – konnte es nicht sein – und wandte bei dir Spielregeln an, die nur für mich Gewinn vorsahen. Ich begann, dir nichts mehr geben zu wollen, mich einzuschließen und kalt zu werden.
Es war nie meine Absicht, mich zu rächen und dich aushungern zu lassen. Ich war einfach nicht in der Lage zu geben, die Angst vor Enttäuschung verbot es mir. Nur merke ich, dass mich diese Angst bremst, mir mehr schadet, als dass sie mir Schutz bieten könnte. Dir schadet sie ebenfalls und ich muss nun acht geben, dass sie das „wir” zwischen uns nicht kaputt macht.
Dieses „wir”, das ist mir sehr viel wert. Fast soviel, wie du mir wert bist. Ich schätze dich als Menschen, liebe dich als Mann und genieße jeden Tag mit dir. Jeden vorsichtigen Weckversuch am Morgen, jedes einvernehmliche Schweigen, ja sogar jeden Streit über Nebensächlichkeiten. Das sollst du wissen.
Es mag zwar merkwürdig klingen, aber ein wenig bin ich froh über diese schwarze Wolke, jetzt, über uns. Sie hat mir klar gemacht, was eigentlich auf der Hand lag. Hat mir die Notwendigkeit aufgezeigt, meine Angst zu überwinden.
Und sollte sie beginnen zu weinen, diese Wolke, dann werde ich mich mit dir in den Regen stellen und keinen Gedanken daran verschwenden, dass ich zerfließen könnte.