Mittwoch, 2. Januar 2008
Lach mich nicht an, oder siehst du hier Kacheln?
Clubs und Diskotheken, die Schauplätze menschlicher Balzrituale schlechthin, Tempel ritualisierter gemischtgeschlechtlicher Begegnung, Kulissen werbend zuckernder Leiberscharen. Hier kann man sich in detaillierten Studien über die vielfältigen Muster, nach denen geschlechtsreife Menschen visuell penetrierend die Vorzüge ihrer genetischen Anlagen präsentieren, ergehen, und zwar bestens.
Der Part des Männchens im menschlichen Paarungsverhalten ist definitiv der Uninteressante. Hier wird mit Blicken kurz und recht unverbindlichen Ficken?
gefragt, bei zarteren Zielgeschöpfen ein schönes Augenpaar ohrflüsternd gelobt, vielleicht landet bei besonders harten Fällen ein alkoholhaltiges Getränk galant in zarten Weibchenfingern - und damit hat es sich schon. Keine strikt-hierarchische Rudelbildung, kaum böse Blicke, selten Aggressionen. Obwohl sich in der heutigen Zeit auch die Männchen rausputzen, wie es noch vor einem Jahrzehnt ausschließlich weiblichen Wesen zustand, kratzt kein Y-Chromosomenträger dem anderen unmotiviert die Augen aus; und schillert die Haartolle der Konkurrenz noch tausendmal schöner als die eigene. Männer ertragen das. Sie konzentrieren sich nur auf eines: Erfolg.
Die Weibchen sind da ganz anders, und dadurch auch ungleich interessanter zu beobachten. Hier ist es nicht der Erfolg am Manne, der zählt, sondern der Rang unter all den anderen Weibchen. Vollkommen unabhängig davon, ob sich die jeweilige Clubbesucherin auf Partnerschau befindet oder nicht: Andere Frauen sind grundsätzlich der Feind. Und so zucken Menschenweibchen auf Tanzflächen zu elektronischer Tanzmusik wie eine Horde Kampfhähne auf Koks, schwingen alles, was sie haben mehr oder weniger im Takt und schreien Fick mich
mit ihren Körpern, während Gesichtsausdruck und Kopfhaltung Fass mich nicht an
zischen.
Menschenweibchen sind Schlangen, daran besteht gar kein Zweifel; und wäre ich ein Mann, wäre ich sicher vollkommen verzweifelt angesichts der multiplen Botschaftsübermittlung, würde einsam mit den Knien wackelnd an meiner Cola nuckeln und meine Gene schlicht und einfach bei mir behalten. Ich bin jedoch nicht Kerl, ich bin Weibchen, und komme daher in den Genuss der geschlechtsinternen Grabenkämpfe um die zarteste Taille, das glanzvollste Haar, den verführerischsten Hüftschwung; und muss sagen: Das ist kein Spaß. Das ist bitterer Ernst und unvorstellbar anstrengend, wenn man der eigenen Weiblichkeit keine ultimativ-ausschließliche Bedeutung beimisst, sondern scheißenochmal einfach nur feiern will. Möchte Weibchen also nicht nur in böse, angriffslustige Stutenbissigkeitsvisagen blicken, hat es im Grunde keine andere Wahl, als sein Körpergewicht mindestens zu verdreifachen, sich vollkommen infantil zu benehmen oder sich Unterwürfigkeit signalisierend auf den Rücken zu werfen, um nicht mehr als bedrohliche Konkurrenz wahrgenommen zu werden. Die Regeln der Tanzfläche sind hart, geradezu unerbittlich und führen die so oft hoch gelobte weibliche Sozialkompetenz augenscheinlich ad absurdum.
Augenscheinlich, da es in jedem Club den einen Ort gibt, auf dem Weibchen hochharmonisch miteinander agieren: Das Klo. Hier kann man einer Frau, die einem noch auf der Tanzfläche den Ellenbogen beherzt (und rein versehentlich natürlich!) in die Seite rammte, den Labello für die spröden Lippen ausborgen und hat selbstverständlich Anteil am Inhalt ihrer Zigarettenpackung, hier tauscht man unbekannterweise Balztechniken aus (Hihihi, ich hab den Typen grad einfach geküsst.
Wie jetzt?
Ja: Zack, rüber - Zunge rein - fertig.
), hier reicht man sich von freundlichen Gackerlauten begleitet geradezu schwesterlich Klopapier unter den Trennwänden durch. Dieser gekachelte Raum ist die Schutzzone schlechthin, der Strafraum, das Refugium zur Auslebung gleichgeschlechtlicher Harmoniebedürfnisse ohne Zielobjektgefährdung. Hier ist man Frau, hier hält man zusammen.
Nach reichlicher Objektstudie weiß ich also, was der wirkliche Grund für langes Schlangenstehen vor Frauenkloeingängen in Clubnächten ist: Wir müssen gar nicht so oft. Wir können halt nur nett in gekachelter Umgebung.
b) Ja. Männer verzweifeln an den Botschaften. Deswegen tun wir auch immer das falsche.
c) Stellst Du mir die "zack-einfach-Zunge-rein"-Dame vor?
wir können nur nett in gekachelter umgebung. das ist gut!
ich denke diese geschichte widerspiegelt genau, warum ich mir dieses infantile getue nimmer antue. ich will nämlich auch nur feiern. das kann zumal sehr anstrengend werden... die geilste party hatte ich 2007 auf der offiziellen csd-party . ich brauche nicht erklären warum, nehm ich an...? ;-)
wünsche euch ein frohes neues jahr mit ganz viel gesundheit, glück und liebe.
schoki.
*lol*
Schöne Sozialstudie, da ich selber jetzt ungefähr zwei Jahre nicht mehr zappeln war, hat es auf sehr nette Weise wieder meine Erinnerungen daran geweckt.
Muss unbedingt mal wieder in "Echt" erlebt werden. ;-)
Christian:
Zu c) - Leider nein. Ich war der unbekannte "Wie jetzt"-Part.
schoko-bella:
Ich wünsche dir auch ein wundervolles neues Jahr, wenns auch schon teilweise rum ist ;)
Chrizzo:
Nur zu, ich kann es nur empfehlen! Im Grunde war ich selber ca. 4 Jahre abstinent ;)
Frohes neues Jahr!
Sie lächelt, zuckersüß und unerschütterlich. Während sie mit ausgestreckter Hand auf mich zuschreitet, legt sie den Kopf geradezu professionell schief. „Genschmann“, stellt sie sich vor, und als wir den souveränen Begrüßungshändedruck lösen, streift mich
Aufgenommen: Freitag, 14. August 2009