Dienstag, 1. Juli 2008
Das kleine Wellness-Tagebuch (3)
Heute lernte ich Erika kennen. Erika, ihre Familie und Freunde sonnten sich im brusthohen Gras zwischen Sieg und Deich, machten allesamt einen beeindruckend entspannten Eindruck und käuten unablässig wieder. Ich weiß natürlich nicht, ob Erika überhaupt Erika hieß, schließlich trug sie nur so einen weniger schicken, dafür aber hochanonymen Nummernstecker im Ohr, aber als wir 2 uns näher kamen, da schoss mir „Erika“ durch den Kopf wie ein Pfeil durchs Wasser. Erika war in Ihrer Eigenschaft als Jungkuh ganz besonders klug, denn sie hatte raus: Wenn ich hier am Zaun stehe und vorbeifahrende serotonics mit großen, freundlichen Augen anschaue, dann halten die an und pflücken mir das frische Gras von dahinten, hinterm Zaun, und ich muss diesen blödsinnig trockenen Gestrüppskram von hier drinnen nicht fressen. Also trat Erika mit großen, freundlichen Augen auf den Zaun zu, während mir ihre Schwestern und Freundinnen den schmalbeschwanzten Hintern zudrehten, und verhinderte so des Poschistens und meine Weiterfahrt für ein längeres Weilchen.
Ich habe für Erika die ganze Umgebung leergepflückt, nur die grünsten und frischesten Triebe gesammelt, während sie geduldig wartend am Zaun stand und friedlich guckte; im Gegenzug ließ sie sich augiebig die Stirn kraulen, während meine andere Hand Grünzeug in ihr überraschend großes Maul stopfte. Ich hatte fast vergessen, wie goß und weich und warm und friedlich und liebenswert so eine Kuh ist, und so entschuldigte ich mich in Gedanken gleich mehrfach dafür bei ihr, dass ich schon den eine oder anderen ihrer Artgenossen auf dem Gewissen und verdaut habe. In Gedanken, weil ich mir gar nicht ausmalen wollte, dass auch Erika vielleicht einmal als Steak auf einem Teller enden würde, und wenn das schon so kommen müsste, dann sollte Erika erst so spät wie nur möglich davon erfahren, dass Menschen so etwas überhaupt tun.
Und so fütterte ich Erika und ließ mir von ihrer rauen Zunge die Arme ablecken (die Dame mochte wohl das Salz, und als das weg war, wollte sie auch einmal Arm-an-sich probieren, was ein schnell gereichtes Grasbüschel im letzten Moment zu verhindern wusste), bis der Poschist langsam quengelig wurde und wir voneinander lassen mussten. Erika verstand meinen Schritt Richtung Fahrrad sofort (so ein kluges Tier), drehte uns den Hintern zu und schwanzwinkte lässig Bye-Bye, während sie Ihren Schwestern und Freundinnen in den Schatten folgte. Beseelt von diesen zauberhaften Minuten tammelten wir dann daheim (ich war beseelt für 2, während der Poschist gedanklich ein Veranstaltung mit elektronischer Tanzmusik in den Auen plante, aber diese Geschichte möchte ein anderes Mal erzählt werden), und nun tippe ich diese Zeilen mit einem naturverbundenen Grinsen – und reichlich Kuhspeichel an den Händen.
(Ich steh auf dem Schlauch wegen der Frau Dollar, aber Syndrom – auf jeden Fall!)
Sehense Mal, da ist man fast 28 Jahre Weibchen und lernt immer noch neue fachbezogene Synonyme.
(Wenns wenigstens der Busen wär und nicht nur Rettungsreifenwampe und Seelchen, aber nun ja, wat soll man machen, aktive Körperflucht ist ja nicht, genausowenig wie wegnegieren.)
Aber die Wampe hat auch Vorteile: Sie schmerzt nicht so, dass man sie auf Händen treppab tragen muss. Oder womöglich doch??