Montag, 12. November 2007
Ein Plädoyer für Sternchensätze
Er lachte aus ganzem Herzen über ihren soeben gemachten Witz und tippte schnell die Buchstabenkombination *lach* ins Chatfensterchen. Es war ihm nicht bewusst, dass dies das Ende der soeben aufkeimenden Onlinefreundschaft war. Denn sie hatte beschlossen, Worte, die zwischen Sternchen geschrieben werden, für dumm zu halten. Für kindlich, einfältig, dumm.
Es scheiden sich die Geister, wenn die Sprache auf *grins*, *lach*, *lächel* oder *seufz* kommt. Es scheint gar wie ein waffenloser Kleinkrieg in der Internet-Gemeinde: Die, die es tun auf der einen Seite – die, die darauf herabsehen, auf der anderen. Eine Einigung ist, wie bei allen Glaubensfragen, nicht in Sicht.
Dabei sind diese kleinen Zeichen-Wortgebilde höchst nützlich: Sie geben uns die Möglichkeit, auch in Buchstabenform menschlicher zu kommunizieren. In Dialogsituationen birgt geschriebene Sprache Gefahren: Das Gegenüber kann uns nicht sehen; es kann nicht wissen, ob wir gerade schmunzeln, stirnrunzeln, weinen oder gar ängstlich zittern. Daraus entstehen Missverständnisse: Menschen fühlen sich angegriffen, wo schlicht freundlich gewitzelt wurde, interpretieren Gelesenes aufgrund ihrer eigenen seelischen Momentaufnahme und werden so dem Schreibenden nicht gerecht. Die Ursache liegt bar auf der Hand: Im Internet fehlt der für menschliche Interaktion so wichtige Blick, der mehr als tausend Worte sagt. Hier, ohne Mimik, ohne Stimme, stochern wir geradezu im leeren Raum nach der Stimmungslage unseres Gesprächspartners.
Und genau jetzt kommen Sternchensätze ins Spiel. Sie geben uns ein unkompliziertes, schnelles Werkzeug an die Hand, unsere Stimmung und körperliche Reaktion im Gespräch bildlich zu transportieren. Sie fungieren sozusagen als Untertitel für Onlinedialoge – wir müssen uns nur unserer Vorstellungskraft bedienen.
Nehmen wir einmal die eingangs beschriebene Gesprächssituation. Hätte er von der Abneigung seiner Gesprächspartnerin gewusst, hätte er seine Reaktion vielleicht folgendermaßen ausgedrückt:
Ich lache jetzt.
Sie hätte das ganz sicher als merkwürdig empfunden. Was meint er wirklich? Lacht er über sie, oder ihren Witz? Warum schreibt er das so komisch? Warum hat er einen Punkt gesetzt, kein Ausrufezeichen?
Das Problem in solchen Situationen ist, dass man anhand einer Zustandsbeschreibung nur schwerlich auf eine Stimmung schließen kann. Geübte Chatter jedoch wissen: Wenn jemand
*lach*
schreibt, dann lacht er, im Kontext des Gespräches. Weil *lach* wesentlich näher an einer Spontanreaktion ist, als „Ich lache jetzt“ oder „Das ist witzig“ sein kann. Es holt sie näher an echte, von Angesicht zu Angesicht stattfindende Gesprächssituationen heran und macht Dialoge in geschriebener Sprache über große Distanzen hinweg lebendig.
Natürlich ist dieses Stilelement durchaus in der Lage, überstrapaziert zu werden. Dialoge, die nur noch aus *lach*, *kicher*, *zustimmend-nick* oder *heftig-kopfschüttel* bestehen, verdienen durchaus den Umstand, als wenig geistreich zu gelten. Maßvoll eingesetzt jedoch, haben Sternchensätze nicht nur das Potential, menschliche Interaktion in Schriftform natürlicher und intuitiver zu gestalten, sondern auch Reaktionszeiten zu verkürzen. Oder würden Sie etwa tatsächlich ein überlegtes „Ich muss gerade recht intensiv herauslachen“ einem herzlichen *pruuust* vorziehen?
In die Runde lächelnd,
Ihre serotonic
Ich freue mich jetzt.
Wie recht du hast! *weisenickundbedeutungsschwangerzuprost* ;)
Lydia:
Ja aber? Wie meinst du das denn jetzt? Freust du dich wirklich? Warum hast du einen Punkt gesetzt? *verwirrtguck*
;D