Dienstag, 20. März 2007
Für unser Amüsement
Die Bilder der Braunbärin, die wohl nach erfolgreicher Einfang-Jagd gemacht worden sind, also die, wo sie so im Zirkustransportkäfig auf der Stelle hüpft, wisst ihr, also diese Bilder … die tun mir in der Seele weh. Da, wo es ganz tief sitzt und bohrt und Alpträume macht, so wie diese eine Kuh aus dieser einen Reportage Mitte der 90er, diese Kuh, die auf gebrochenen Läufen weiterlaufen musste und dann auch noch mit einem Bein am Kran hing, diese Kuh, deren schwarze Augen mich heute noch verfolgen.
Es ist so entwürdigend. Dieses ehemals stolze, heute offensichtlich verhaltensgestörte Tier übt in unseren Landen Kunststückchen für unser Amüsement aus. Schon seit Jahren verspüre ich akuten Brechreiz, wenn ich einen Zirkus in meiner Nähe wahrnehme, der es für notwendig befindet, Tiere zu halten. Besonders schlimm wird es immer dann, wenn es Wildtiere sind – da mag ich um mich schlagen, mit den Füßen aufstampfen und ganze Gallonen Magensäure speien. So ein Wildtier ist nicht einfach dressierbar. Um so ein Tier für die Manege „fit zu machen“ muss in der Regel sein Wille gebrochen und reichlich Gewalt angewendet werden. Von seinen täglichen Lebensbedingungen, die so weit entfernt sind von artgerechter Haltung wie San José von Buschhoven, einmal ganz abgesehen.
Das ist Quälerei. Das ist anmaßend. Das ist so sehr Mensch, dass ich schreien möchte.
DAS ist genau der Grund, weshalb wir seit Jahren keinen Zirkus mehr besuchen!
Da geht immer ein Aufschrei durchs Land, wenn IRGENDWO ANDERS ein Tanzbär vorgeführt und gequält wird, aber hier werden die Blagen in den Zirkus geschleppt, um zu gucken, wie so ein armes Tier Männchen macht.
Ist ja gesetzlich erlaubt, kann also gar nicht schlimm sein.
ZUM KOTZEN (sorry)
Gut! Bei sowas könnt ich glatt missionarisch tätig werden. Militanter Nicht-Zirkus-mit-Tieren-Besucher.
Etosha:
Es ist ja schon ein Hang zur Selbstgeißelung, aber ich würde auch zu gerne einmal tief in diese Seelen blicken, um sie zu *verstehen* oder zumindest nachvollziehen zu können, warum sie so kalt sind, wie sie überhaupt so kalt sein können. Ich bin so ungerne so unglaublich wütend auf etwas, was ich nicht verstehe.
Jagolina:
Kein Sorry notwendig. Ich sach ja: Magensäure, gallonenweise.
Ich hab mich zuletzt über die Empfindungslosigkeit in der Hühnerhaltung und -mast ausgelassen. Wenigstens kann man auf diese Weise seinem Entsetzen irgendwie Ausdruck geben.
Theoretisch denke ich, dass hier ein Zusammenspiel von Kultur und Sozialisierung die Empfindung steuert, und dass sogar in unseren Kulturkreisen das Tierverständnis sozialisierungsbedingt so stark variieren kann, dass etwas, was wir ohne weiter nachdenken zu müssen als Quälerei und Respektlosigkeit empfinden, durchaus für andere normal und vollkommen ok sein kann.
Nichtsdestotrotz möchte ich einmal in solche Herzen gucken, um ergründen zu können, ob sich da *wirklich* so gar nichts rührt, denn für mich ist das eigentlich unvorstellbar.
Deinen Artikel über die Hühnermast habe ich vorhin gelesen, und Entsetzen ist genau das richtige Wort. Mir ist grad sehr nach weinen.
Polittage in der serokratie, meine Damen und Herren, aus der Nummer kommen wir jetzt erstmal nicht mehr raus. Zumindest nicht, wenn Sie darauf verzichten wollen, mir entnervt den Rücken zu kehren, worauf ich doch sehr stark hoffen möchte. Also Augen auf
Aufgenommen: Dienstag, 12. Mai 2009