Montag, 24. Juli 2006
Weib und Schuhwerk
Ich bin Turnschuhträger. Eingefleischter. Seit Jahren bette ich meine Füße in bequeme Günstig-Jogger, durchschnittlich stehen mir 3 Paar zur Auswahl: ein Weißes für den Alltag und passender Kleidung, ein Schwarzes/Braunes/Dunkelgraues für den Alltag und passender Kleidung, sowie ein durchgelatschtes Schwarzes/Braunes/Dunkelgraues für Dreck verursachende Out-oder-Indoor-Aktivitäten. Des Weiteren besitze ich noch zwei günstige Paar Sandalen (welche sich bislang nur im Schuhschrank langweilen mussten und schon etliche Jahre auf dem Buckel haben, eines ist beige, das andere bleu. Namen haben beide nicht.) und ein Paar schwarze Stiefel, die man durchaus wegen ihrer Beinhöhe und Nahtfarbe als „nuttig“ bezeichnen könnte. Diese trage ich dann bei Kundenterminen unter der Hose, auf dass eben dieser Eindruck nicht entstehe und erfreue mich ausschließlich beim An- und Ausziehen ihrer vollen optischen Qualitäten.
Man sieht also, dass ich als Weib mitnichten davon sprechen kann, einem Schuhtick anheim gefallen zu sein. Nein, ich bestehe sogar seit über 10 Jahren darauf, bequem zu laufen und stets die Möglichkeit zu haben, einen kleinen Sprint hinzulegen, so mir solch unfassbar sportliches Verhalten einmal in den Sinn kommen möge. Ehrlich gesagt halte ich auch jede Frau für vollkommen bescheuert, die sich einen Absatz höher als 4 Zentimeter antut.
Nun begab es sich vor wenigen Wochen, dass mir angesichts der anhaltenden Hitze der Kragen platze und ich mir spontan 2 Röcke zulegte. Zu Hause angekommen musste ich aber doch recht schnell feststellen, dass die beiden vorhandenen Sandalenpaare allenfalls suboptimal mit den neuen Beinkleidern harmonierten. Sofort wurde mir ein bisschen schlecht. Schuhkauf ist mitunter das Letzte, was ich als spaßige Freizeitgestaltung empfinde, aber die Röcke sollten – da ich doch bereits eine Menge Nerven in ihren Kauf investierte – schon ihren Einsatz feiern dürfen. Also machte ich mich bei jeder passenden Gelegenheit auf, ein passendes Paar zu finden. Aber nicht nur ein Passendes, sondern auch eines, was meinen ästhetischen Vorlieben voll entspräche, mir angenehmsten Geh-und-Steh-Komfort böte und mit weißem Leder ausgestattet daherkommen sollte.
Es schien unmöglich. 3 Städte bereiste ich, suchte, suchte, suchte … und verfluchte schon nach wenigen Geschäften große Lederblüten, Pailetten und Strasssteine. Wohin ich auch wandelte, in welchen Laden ich auch mein Näschen steckte, überall lachte mich dieser spätkindliche Holzhammercharme bunt bestickter Karnevalstrachten an. Ich fühlte mich aber ausgelacht. Stil sollten sie haben, meine künftigen Treter, elegant sollten sie sein. Und nicht aussehen, als hätten sich Drittklässler im Fach „textile Gestaltung“ erstmalig ausprobieren dürfen.
Als ich dann, schon bar aller emotionalen und körperlichen Kräfte, in einem letzten Akt der Hoffnung einen Bonner Schuhladen betrat, da sah ich sie. Sie waren wunderschön, so zart, so herrlich weiß und hatten so unglaublich hohe, schlanke Absätze. Sie hatten all das, was ihre armen Kollegen nicht hatten und riefen mich mit süßen Tönen. Ich eilte zu ihnen, presste sie an mein Herz und flüsterte ihnen zu, dass ich sie mitnehmen würde und dass ihr Leiden (standen sie doch zwischen Lederblüten-Exemplaren!) nun ein Ende hätte. Als ich sie dann anprobierte, wurde mir die Bedeutung von 8,5 Zentimetern schlagartig klar. Sofort beklagten sich meine Fersen, die Vernunft erinnerte mich an meine chronisch überdehnten Bänder und der Autofahrer in mir schlug demonstrativ die Alarmglocken. Doch meine Fersen, die olle Vernunft und das Autofahrerherz hatten ihren schlechten Tag; sie waren zu leise. Hatte ich den wunderschönen Schuhen doch bereits ein Versprechen gegeben – außerdem schäkerte das Weibchen in mir schon fleißig mit der Vorstellung, sich in ihnen, den wunderschönen Schlanken, wunde Füße und feuerrote Blasen laufen zu dürfen. Also kaufte ich sie, zog sie direkt an und begann postwendend damit, die Vorstellungen meines inneren Weibchens umzusetzen.
So kam es, dass mir – über die rauen Bonner Pflastersteine stöckelnd – plötzlich all das verständlich wurde, was ich bislang nur mit offenem Unverständnis quittierte: Dass ein schöner Schuh ruhig wehtun darf, dass trotz schmerzenden Druckstellen Schweben statt Gehen nicht nur möglich ist, sondern vollkommen automatisch geschieht. Dass ich Schmerzmomente durchaus für optischen Genuss und einem 5-Sterne-Körpergefühl mit freudiger Genugtuung in Kauf nehmen kann. Dass ein schönes Paar Schuhe mehr ist, als einfach nur Schuhwerk, sondern ein Gefühl.
Plötzlich verstehe ich sie alle, die Schuhverrückten, die mehr als 6 Paar ihr eigen nennen. Die Hunderte von Euros in ein Paar Schuhe investieren, nur weil da irgendwo „Blahnik“ draufsteht. Und wenn ich mir diese Entwicklung anschaue, wenn ich mich jetzt durch Druckstellen an das, was meine Füße kleidet, überaus gerne erinnern lasse, dann muss ich wohl sagen, dass ich mich nun selber für vollkommen bescheuert halte. Und zwar mit Freuden!
(Ansonsten scheint dein neues Paar ein klarer Fall von "O-Schuhen" zu sein, wie meine Frau sagen würde. Orgasmus-Schuhe. Sehen, lieben, kaufen, todtragen. Und ich bin stolz, als Mann den ersten Eintrag hier zu schreiben - denn ich bin mir sicher, dass es ganz viele Kommentare geben wird ...)
Was kommt als nächstes? Die Liebe zum Saumagen? Die Lektüre der BILD-Zeitung? Der tägliche Canossagang zum Sonnenstudio? Der Blowjob+Schnitzeltag-Award? Das Tragen von Metallringen zur Gleichwerdung des eigenen Körpermagnetens?
Ich habe heute welche mit 11cm Absatz bestellt...und bin auf DAS Laufgefühl gespannt ;o)
an einer bewunderung in natura hätte ich natürlich auch nichts auszusetzen. da fällt mir doch ein: wir könnten nochmal einen eiskaffee trinken gehen!
bestimmt dauert es einen moment mich an den anblick der hohen schuhe an dir zu gewöhnen. kenne ich dich ja seit jahren -samt weniger ausnahmen- nur mit turnschuhen. aber: ich gewöhne mich gerne daran! allerdings musste ich mir eben mein lineal zur hilfe nehmen, um mich an 8,5 cm-absätze erinnern zu können. schon sehr hoch...respekt!
Der Bestand existiert in dieser Form schon gut 4 Jahre unverändert (bis auf die Sohlen), und wird sich auch erst bei dringendem Bedarf ändern. Bequeme Schuhe sind, wenn man kein Vermögen ausgeben will, m.E. fast so schwer zu haben wie ein Sechser im Lotto.
Ich wünsche viel Spaß mit dem neuen Schuhwerk, und viele unerwartet-blasenfreie Kilometer. Verstehen kann ichs ja nicht. Aber dafür fehlt mir ja auch das zweite X-Chromosom. ;)
Mitgebracht habe ich ein Paar Schuhe und Schimmelkäsegestank in meiner Nase. Die Schuhe waren und runtergesetzt und der Käse war gratis.
Oder teste SIMPLE auch ein toller Schuh. Gruss von einer weiteren Schuhverrückten Frau!
Die werden natürlich weiter getragen! Die schönen Schlanken passen schließlich in meinen Augen nicht zu Jeans, und das ist immer noch mein Beinkleid der Ersten Wahl!
(O-Schuhe – ja. Passt. Sowasvon. Schöner Begriff. Danke :))
Garvin:
**lach** Ja, so ähnlich fühlte sich das auch für meine rationelle Gehirnhälfte an.
Ex-Cheffe:
Das beruhigt doch sehr ;)
Und der Audruck „pochiertes Gehirn“ passt wie Faust aufs Auge. Und das z.Z. nicht nur bezüglich Schuhwerk :D
Toujours-Moi:
Ich gebe zu, du machst mir ein bisschen Angst. Wo soll ich nur das ganze Geld hernehmen für mein neues Hobby?
11 cm – meinen ehrlichen, reinen und aufrichtigen Respekt. Berichte doch mal vom Laufgefühl, ich bin da sehr interessiert :)
Frau Maki:
Mein Herzblatt, ich würde mir ein groooßes Loch in den Bauch freuen, wenn Sie mir die Ehre erweisen würden, mir eine solche Vorführ-Möglichkeit zu geben. Telefonieren, mal wieder, wir 2?
Was das Foto angeht: Ich bin da ein bisschen scheu. Nachher darf ich hier noch Fußfetischisten herzlich begrüßen ;D
Tobias:
Dankeschön, ich sag es Ihnen nachher, da freuen die sich (ich könnte ja wetten, dass das eine beidseitige Liebe ist, das mit den Schuhen und mir. Sie lächeln jedenfalls jedesmal, wenn ich im Flur an Ihnen vorbeischreite). ;)
SirParker:
Sie meinen also, das ist wie mit Tattoos? Dann habe ich ja noch eine kleine Galgenfrist, mein letztes (und einziges, haha!) ist nun schon 6 Jahre alt. Bettelt aber ständig um Gesellschaft. Auch Sie machen mir Angst, Wertester! ;)
chat noir:
Herzlichen Dank für den Tipp. Sie können sich sicher vorstellen, dass ich diesen jetzt bestens gebrauchen kann.
(Auch wenn ich ja bekanntermaßen Blasen sehr mag … *g*)
medienjunkie:
Ja, das ist sie. (Mir ging es ja ebenso. Ich kann nur raten: Stur sein! Im nächsten Laden schon, da könnte genau DEIN Paar auf dich warten …)
smiley:
Du bist da ja auch echter Purist. Streiche auch. Ich bins ja nicht mehr.
Und herzlichen Dank für die guten Wünsche für mich und die schlanken Schönen, wir freuen uns! ;)
Lydia:
> Schuhgeschäfte ohne Klimaanlage
> sind wie Durst ohne Trinken.
Ein Satz, den ich noch vor einer Woche nicht verstanden hätte **lach**
Die Kombination Käse-Schuh ist außerordentlich interessant. Da würde mich die ganze Geschichte interessieren :D
ChliiTierChnübler:
Herzlichen Dank für die Tipps. Sobald ich es nicht mehr schaffe, mich in absoluter Zurückhaltung zu üben, werde ich meine Augen darauf werfen :)
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(Himmelarschundzwirn ich brauche einen 36-Stunden-Tag! Die Zeit zerfließt mir nur so in den Händen. Entschuldigt. Mitteilungsdrang.)
: bisschen scheu. Nachher darf ich hier
: noch Fußfetischisten herzlich begrüßen ;D
... sind die nicht alle da und werden vom Kopfkino, von Beschreibungen von schlanken weissen und von begeisternden Fesseln begeistert?
Ich hab die ganze Zeit Bilder vom letzten Strandurlaub vor mir, bei dem ich mich an den Spuren von 10cm-Heels im Sand erfreute. Sahen angestrengt aus, die Spuren.
Weiss auch nicht, wie ich drauf komme :-)
Aha, an meinen Fesseln liegt das? Also ich mag die ja nicht wirklich. Aber vielleicht haben die schönen Schlanken ja einen anderen Geschmack als ihr Träger ;)
Und was das Foto angeht: Da haben wir sicher auch eine bestimmte Person im Hinterkopf, sehe ich das richtig?
Christian:
Hm, sicher hast du da teilweise Recht mit. Aber es gibt da jemanden, den ich nicht füttern will. Immernochdiegleichestory.
Und wie du darauf kommst, dass die Spuren angestrengt waren, du, das kann ich mir üüüüberhaupt nicht vorstellen **unschuldigpfeif** :D
hinterlektuelles:
:D
chat noir:
**ausgesprochenbreitmitgrins** Aber den Input, den muss ich Ihnen vorenthalten. Sonst würde ja herauskommen, dass es wesentlich weniger spannend ist, als es vielleicht scheint. Oups. Da ist es ja schon geschehen. Zerplatzt wie eine Seifenblase! ;D
Ich sehe, wir verstehen uns - in jeder Hinsicht :)
"O-Schuhe"? Das muss ich mir merken. Ich wusste doch, dass mich sas Strahlen/Grinsen, das die Gute quer übers Gesicht trug, als sie in diesen Schuhen den Rest des Tages neben mir durch die Stadt stöckelte, an irgendwas erinnert...
Inzwischen hat sie sich schon ein zweites Paar gekauft. Und ja, Blasen, Druckstellen, Dehnungen, wackelige Schritte bei Kopfstein, das alles scheint kein Argument mehr zu sein, oder ist es vielleicht sogar grade auch das... :-D ?
(Und ob es vielleicht sogar gerade DAS ist, versuche ich zur Zeit selber herauszufinden ;)
Es ist zweifelsohne Selbstkasteiung. Es ist zweifelsohne Genuss. Ich komm da schon noch hinter.)