Donnerstag, 9. Oktober 2008
Dinge, die man über sich selber wissen sollte (2)
Meine Singstimme klingt wunderschön – ach was untertreib ich, geradezu bezaubernd! Sofern ich Schnupfen habe. Aus dem Inneren meines Kopf heraus vernommen.
Sonntag, 28. September 2008
Viel eher ein Anfang.
Im Kühlschrank stehen 2 Dosen Root Beer. Du hast sie und die anderen Dosen meiner Lieblingssoda gekauft, damit auch ich ein quietschbuntes Stück Amerika habe, während du drüben bist, auf der anderen Seite des großen Teiches, rund 9.000 Kilometer weiter von mir entfernt, als du es normalerweise bist. Weißt du was? Diese 2 Dosen Root Beer, sie interessieren mich nicht. Sie stehen da, bei konstant 7 Grad Kühltemperatur, und bedeuten mir nichts. Sie bedeuten mir nichts, weil du nicht hier bist, um dich darüber zu freuen, wie ich mich für ein kohlensäurehaltiges Getränk begeistere.
Im Autohaus steht mein neues Auto. Dieser schnittige Kleinstwagen, den wir gemeinsam bestellt haben, der mich unglaublich viele Sorgen und dich unermüdliche Unterstützungsarbeit gekostet hat. Wir hatten gehofft, das kleine Vehikel noch vor deinem Abflug in Empfang nehmen zu können – vergeblich. Aber kaum warst du in der Luft, kam schon der Anruf, ich könne es jetzt abholen. Weißt du was? Es ist mir egal. Mein neues Auto steht beim Händler, fahrbereit und zugelassen - und reizt mich nicht. Es reizt mich nicht, weil du nicht hier bist um mich auszulachen, wenn ich zu aufgeregt bin, den Motor das erste Mal zu starten.
Auf dem Tisch steht ein ungeöffneter Karton Lego Star Wars. Du hast ihn mir, zusammen mit meinen Lieblingskeksen und meinem Lieblingskakao, am Tag vor deiner Abreise zu einem Paket geschnürt und es zur Post gebracht, damit mich etwas freut und tröstet, wenn du im Flieger sitzt und 2 Wochen ohne dich vor mir liegen. Ich habe 2 Tassen dieses Kakaos getrunken und 2 Pakete der Kekse gegessen, heißhungrig. Weißt du was? Sie haben mir nicht geschmeckt. Sie haben mir nicht geschmeckt, weil das Kekse essen und das Kakao trinken mit dir zusammen viel mehr Spaß macht. Und deshalb steht auch noch der Karton Lego hier vor mir, auf dem Tisch. Weil du nicht hier bist, um mit mir zusammen Kind zu sein.
Nichts in den heute auf den Tag genau 10 Jahren hat mich darauf vorbereitet, wie sehr ich dich jetzt vermisse; dich, dein Lachen, deine Haut, dein leises Atmen neben mir, wenn ich versuche in den Schlaf zu finden und du schon längst von unseren nächsten Abenteuern träumst. Wie sehr du mich verwurzelt hast, wie bunt du meinen Alltag malst. Wie halb ich im Grunde nur bin, wenn du mir fehlst. Und weißt du was? Ich glaube, 10 Jahre sind gar nicht so viel Zeit, wie es im ersten Moment klingt. 10 Jahre sind viel eher ein guter Anfang. Und ich brenne darauf, endlich weiterzumachen.
Mittwoch, 10. September 2008
Die 5% in mir
Heute also soll die Welt untergehen, das erfuhr ich zumindest gestern drüben bei Twitter, zuckte mit den Schultern, dachte irgendwas von „Jaja, Netzmenschen, alle durch bis zum Gehtnichtmehr“ und machte weiter mit dem, was andere vielleicht Leben nennen, bei mir aber derzeit unter „Ähja, bitte?“ gefiled wird. Heute morgen dann faselte der neue Nachrichtenmann des Unterschichtentagesbeginnfernsehns etwas von Cern, Teilchen und schwarzen Löchern, und *zackwuuusch* erinnerte ich mich an die humoristisch geprägten Weltunterganstweets, was mir in der Kombination nicht nur ein breites Grinsen machte, sondern auch die 5% in mir weckte.
Diese 5% sind eine kleine, bissige Biotante, die ganz hinten in meinen Hirnwindungen wohnt und ein verdammt lautes Organ hat. Und so brüllte sie mir unentwegt ins Ohr, dass es doch nicht richtig sei, was der Mensch dort mache. Dass das mit der Kernspaltung ja auch schließlich so eine Sache gewesen sei, bei der wir zumindest hin und wieder sehen, was wir von ihr haben, und dann weinen wir über missgebildete Kinder und tunken unsere Taschentücher in Tränen des Entsetzens, während wir unsere fortschrittlichen Gesichter von den atomstrombetriebenen Monitoren abwenden, weil es an Stellen schmerzt, die wir lieber taub wissen.
Diese 5% haben die tiefe Gewissheit, dass es falsch ist, mit kleinen Teilchen zu experimentieren und unter Zuhilfenahme ihres Verhaltens ihr Verhalten zu erforschen, sie hassen den Fortschritt und das reine Beharren auf physikalischer Logik nach heutigem Wissenstand. Natürlich verstehen sie die komplexen Vorgänge nicht und haben keine Grundlage für ihr Urteil – schließlich sind sie nicht hochintelligenter Physiker, sondern bissige Biotante mit Stammtischmentalität; aber dafür haben sie einen Blick für die Fähigkeit des Menschen, sich in Punkto „Alles unter Kontrolle“ gründlich zu überschätzen, und ein Gefühl für den geringen Willen, mit den Konsequenzen zu leben, mit denen sie heute noch nicht rechnen.
Und während ich heute Morgen reichlich frotzelte und vergnügt ein „Es gibt kein Aussen mehr, kein Drinnen und Draußen mehr!“nach dem Anderen intonierte, bohrten und zeterten die 5% so lange, bis ich meinen Poschisten auf der Arbeit anrief, um ihm noch einmal zu sagen, wie groß sein Platz in meinem Herzen ist. Für den Fall der Fälle, versteht sich, und von den übrigen 95% in fröhlichster Scherzform präsentiert, hihi.
Aber den 5% in mir, denen war es bitterernst.
Dienstag, 26. August 2008
Preußen (noch klein)
- Tanzgruppengeleitmarie auf Karnevalsveranstaltungen (unfreiwillige Kinderarbeit)
- Stallburschin (Ferienjob)
- Buchführung in einem Telekommunikationsunternehmen (Nebenjob)
- Prospektverteilerin (1 Wochenende)
- Tierarzthelferin (Ferienjob)
- Inventur-Hilfskraft in Parfümerien (gelegentlich)
- Videothekarin (Nebenjob)
- Werbetechniksklavin und Kleinkindbetreuung (Praktikum, 3 Monate)
- Werbetechniksklavin und Sekretariat (Praktikum, 9 Monate)
- Videothekarin (Vollzeit)
Mediengestalterazubi, Kaltakquisetante, …Eierlegende Wollmilchsau in der Multimedia-Agentur einer Personalberatung- Medienberaterin und -Konzeptionistin für Intra- und Internetauftritte der Truppeninformation (selbständig)
- Mediengestalterin/Medienkonzeptionistin/Medienberaterin (selbständig)
Traumberuf als Kind: Tierärztin.
Sonntag, 29. Juni 2008
…
Donnerstag, 26. Juni 2008
Der Mensch ist kein Nadelkissen. Ich schon gar nicht.
Es ist im Allgemeinen eher weniger anerkannt, Angst vor Spritzen zu haben. Schon als Kleinkind bekommst du gesagt: Ist doch nur ein kleiner Pieks! Ein Indianer kennt keinen Schmerz! Halt nur still, das tut schon nicht weh.
, und noch während du dich tapfer deinem Urvertrauen hingibst, rammt dir ein wohlmeinender Kinderarzt eine Spritze in den Po, dass es sich gewaschen hat, während seine blonde Arzthelferin aufmunternd grinsend vor dir steht und mit einem doofen Belohnungslolli wedelt.
Natürlich merkst du dir das nachhaltig und bist in Zukunft auf ganz andere Weise tapfer: Du tust einfach so, als würde es nicht für eine Sekunde wehtun, wenn eine Nadel alle deine Hautschichten durch- und in dein Körperinneres eindringt. Wird dir Blut abgenommen, blickst du anteilnahmslos aus dem Fenster. Auch wenn es doch ein wenig unangenehm ziept, wenn die Arzthelferin den Kolben engagiert von der Nadel rüttelt, um anschließend beschwingt einen neuen aufzusetzen.
Ein Leben lang wirst du darauf trainiert, dass ein kurzes Einziehen der Luft zwischen deinen Zähnen oder ein dumpf ausgeatmetes „Aaa“ nicht nur ein Zeichen von Schwäche ist, sondern ganz nebenbei bloße Anstellerei darstellt, mit der man sich noch nicht mal den Lolli verdient. Du möchtest keine Mimose sein, für die man nur eine hochgezogene Augenbraue und ein müdes Ist doch gleich vorbei …
übrig hat. Es muss also schon einiges passieren, damit du dir die Blöße gibst und die Maske des tapferen Häuptlings absetzt.
Mir passierte genau so etwas im zarten Alter von 15 Jahren. Ich war einmal wieder in der Notaufnahme eines Krankenhauses befindlich, da ich im Verdacht stand, mir das Gehirn erschüttert zu haben. Im Grunde hatte ich nur keine Lust, diese verhasste Lateinklausur zu schreiben und somit den Treppensturz mit anschließendem Schwindel nur vorgetäuscht. Aber diesmal war die durchaus verständige Sekretariatsdame meiner Eskapaden wohl doch ein wenig überdrüssig, machte Nägel mit Köpfen und ließ mich kurzerhand ins Krankenhaus abtransportieren. Einen Rückzieher zu machen, klein beizugeben und lieber doch die Klausur zu schreiben, verboten mir mein Stolz, meine Schwänzerehre – und die vielen Stunden, die ich mit ausgiebigen Nicht-Lernen verbracht hatte.
Im Krankenhaus angekommen fiel den freundlich-besorgten Menschen zu allem Überfluss auch noch auf, dass ich doch ein wenig zu dünn war für mein Alter. Man fand mich anscheinend außerordentlich putzig, reichte mich von Station zu Station, wies mich direkt für eine Werktagswoche ein und kümmerte sich fast ausnahmslos so rührend um mich, dass ich fast schon wieder ein schlechtes Gewissen hatte, keinen echten Schwindel zu verspüren und nicht wirklich magersüchtig zu sein. Heute, so im Nachhinein, bin ich mir auch fast sicher, dass das Krankenhauspersonal (so ganz unter der Hand natürlich) einen Deal mit der Sekretariatsdame hatte, mich von meinem maladen Klausurvermeidungsverhalten endgültig zu kurieren. Aber das nur nebenbei.
Denn direkt zu Beginn dieses vollkommen unnötigen Krankenhausaufenthaltes wollte eine junge Schwester Blut von mir. Ich setzte mich, tapfer wie eine einbrüstige Kriegerin, auf den mir zugewiesenen Stuhl und blickte betont desinteressiert auf all die weißen Gegenstände im Raum. Ich überlegte noch, ob ich vielleicht noch ein beschwingtes Liedchen summen wollte, da stach sie zu. Besser gesagt: Sie rammte die Kanüle mit einer Wucht in meinen Arm, als wäre meine Haut verhornt wie ein ungepflegter Marktschreierfuß. Ein Zischlaut entwich mir, noch bevor ich mich wieder in den Griff bekommen konnte. Sie ist-gleich-vorbeite leicht genervt, und zog am Kolben. Ich jaulte auf und presste Sie. Sind. NICHT. In. der. Vene.
durch meine aufeinandergepressten Lippen. Da auch kein Blut floss, schenkte sie mir wohl Glauben und zog die Nadel wieder ein Stückchen heraus. Neuer Versuch, neues Glück!
dachte ich so bei mir, vergrub die volle Länge meiner stattlichen Fingernägel in meinen Handflächen und setze die erprobte Tapferkeitsmiene auf. Sie stach wieder daneben, respektive da-durch. Und zog wieder am Kolben. Und das, obwohl es wohl keine leichter zu treffende Venen als die meinen gibt.
Dieses Spiel spielten wir so noch ein paar Male, bevor mir dermaßen der Geduldsfaden riss, dass ich das halbe Krankenhaus zusammenbrüllte, sie möge SOFORT die Finger von mir und meinem Blut lassen, da könne ich selber ja noch präziser in meinem eigenen Arm rumstochern und ich wäre jetzt und hier nicht ihr Versuchskaninchen. Sie ward ein wenig blass um die Nase und tauschte sich schnell und fast unauffällig gegen eine andere Schwester aus. Diese wusste, was sie tat, schaute einigermaßen besorgt auf meine zitternde Unterlippe und hatte im Nullkommanix die gewünschte Menge meines Blutes in Gefäßen. Nichtsdestotrotz hatte ich von der steinharten Schwellung und dem schillernden Bluterguss ein Weilchen, das länger währte als der Krankenhausaufenthalt an sich.
Nach dieser Erfahrung waren mir Spritzen nicht mehr einfach nur unangenehm. Ich hatte Angst vor allem was spitz und dazu gemacht war, in Haut einzudringen. Selbst ein drohender Pieks in die Fingerkuppe ließ mich angstschweißig werden, und nahm ein Arzt auch nur das Wort „Bluttest“ in den Mund, schwamm mir Tränenflüssigkeit am unteren Augenlid, und manchmal schaffte ich es nicht mehr, die Tränen vom Herauskullern abzuhalten. In einem Großteil der Fälle schaffte ich es hingegen, den Arzt davon zu überzeugen, dass das doch gar nicht nötig wäre und ich total fit sei, ich müsste vielleicht nur ein paar Kräuterkapseln schlucken und dann wäre alles schon wieder gut.
Als dann vor 5 Jahren meine Hände aufgrund eines illustren Zwischenfalls mit Katzenzahnbeteiligung gedachten, auf das Doppelte ihres Umfanges anzuschwellen und ich in Folge dessen auf eine OP vorbereitet werden musste, bemühten sich gezwungenermaßen gleich 3 Krankenschwestern darum, irgendwie Blut aus mir und meinen ebenfalls geschwollenen Armen herauszulocken. Ich war nach etwa 10 Minuten und den unterschiedlichsten Hohlnadellängen und -Durchmessern nur noch ein nassgeschwitztes, schmerzverzerrtes, still heulendes Wrack und hatte dennoch keinen Tropfen Blut von mir gegeben, als sie schlussendlich aufgeben mussten und verzweifelt den Oberarzt zu Rate zogen. Der war, mit Verlaub, eine ziemlich coole Sau. Der schnappte sich ganz nebenbei die dickste erreichbare Kanüle, skandierte Jetzt passt ihr alle mal genau auf!
, versetzte mich damit in Schockstarre, tastete kurz und vorsichtig, setzte die Nadel an, schloss mir-nichts-dir-nichts die Augen und nahm mir (man lese und staune) einfach so Blut ab. Mit geschlossenen Augen. Ich hab sogar das Heulen vergessen.
Als man mir später jedoch den Narkosemittelzugang auch noch unbedingt und ohne Vorwarnung in die Halsvene legen wollte, kam es zum Eklat, und das mitten im handchirurgischen OP. Da half auch kein Beruhigungsmittel: Ich diskutierte halb lallend, aber voll emotional mit der ganzen Op-Besatzung die Nichtmachbarkeit dieser vollkommen irrsinnigen Zugangsvariante, bis mir plötzlich die linke Wade höllisch brannte - und ich nur eine gefühlte Sekunde später zitternd im Aufwachraum mein Bewusstsein wiedererlangte. Später sollte sich herausstellen, dass der findige Anästhesist die Aufregung um meinen Oberkörper herum genutzt hatte, mir den Zugang kurzerhand in den Fuß zu legen. Dafür bin ich ihm noch heute zutiefst dankbar.
Man sieht also: Ich habe einen gewissen Hintergrund, was Spritzen und die Schmerzen, die sie verursachen können, anbelangt. Und daher prangere ich die gesellschaftliche Haltung, man sei ein elender Jammerlappen, sobald man Angst vor „dem kleinen Pieks“ zeigt, vehement an. Ich finde, ich habe ein Recht darauf, dass die Tür zum Praxisflur geschlossen wird, wenn ich bleich am Marterpfahl stehe auf einem Stuhl sitze und butterblütenbrav eine feste Faust mache. Ich fordere das Recht für mich und meine Venen ein, die ungeteilte Aufmerksamkeit der Person zu genießen, die ein scharfes Instrument in ihrer Hand hält und sich anschickt, meine Haut zu durchstoßen um eines meiner Gefäße zu perforieren. Und ich bitte doch inständig darum, sich diese hochgezogene Augenbraue, diesen belustigten Blick, dieses entnervte Kopfschütteln, dieses höhnische Können Sie etwa kein Blut sehen?!?
und vor allem dieses sanft gesäuselte Ist doch nur ein kleiner Pieks, das tut schon nicht weh und ist auch gleich vorbei!
einfach dahin zu stecken, wo es ganz besonders dunkel ist. Ich bin kein Kleinkind. Und glaube auch nicht mehr an Lollis.
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