Freitag, 23. März 2007
6 Jahre Mediengestaltung – ein Resüme (5)
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Zu der Ausbildung zum Mediengestalter gehören 2 Komponenten: Die betriebliche Ausbildung und die schulische. Wie ich bereits schilderte, war meine betriebliche Ausbildung ein Fiasko. Die Schulische war, abgesehen vom schlichtweg fehlenden Druck, keinen Deut besser. Warum, schildere ich in diesem Teil.
Die Schulische Ausbildung zum Mediengestalter:
Ein schlimmes Wort vorweg, dann hab ichs endlich von der Zunge und werde den pelzigen Geschmack hoffentlich schnell los: Halbwissen.
Halbwissen ist das, was ich im schulischen Teil der Ausbildung vermittelt bekommen habe. Und wie wir ja alle wissen, ist Halbwissen vor allem eins: gefährlich.
Und ja, ich meine es so, wie ich es schreibe, gehe direkt über Los und schmeiße keine Münze ins Phrasenschwein: Wenn der HTML-Unterricht damit beginnt, das Font-Tag vorzustellen, dann ist das gefährlich für einen Azubi, der später in einer Agentur durch die Probezeit muss. Wenn über 2 Monate hinweg ein im Grunde so simples Thema wie Colormanagement in gleich 2 Fächern von 2 unterschiedlichen Lehrern mit 2 unterschiedlichen Meinungen unterrichtet wird, dann ist das gefährlich für einen Azubi, der bei der Abschlussprüfung eine fast unüberschaubare Anzahl von Themen klar und deutlich im Kopf haben muss. Wenn fast 3 Monate lang digitale Stand- und Bewegtbilddatenvolumen mittels zu paukender Formeln berechnet werden müssen und diese Berechnungen niemals mit der Praxis in Einklang gebracht werden, dann ist das gefährlich für einen Azubi, der Angst vor Mathematik hat und sein guter Notendurchschnitt durch die unverhältnismäßige Gewichtung der Klausuren im Jahresmittel deutlich absinkt. Wenn rund 50% des Unterrichts daraus besteht, dass Schülergruppen Referate zu Themen halten, die sie selbst erarbeiten mussten und nicht durch den Lehrer inhaltlich kontrolliert oder gar begleitet wurden, dann ist das gefährlich für die ganze Klasse, die etwas als Fakt mitnimmt, was schlichtweg falsch ist.
Meine Beobachtungen haben ergeben, dass die Lehrer auf meiner Berufsschule, dem Heinrich Hertz Berufskolleg der Stadt Bonn, vor allem unmotiviert waren. Einige von Ihnen hatten keine pädagogische Vorbildung und waren den Klassen lauter, aufmüpfiger Jugendlicher und junger Erwachsener, die allesamt alleine durch ihren Betrieb die Schnauze gestrichen voll hatten, geradezu hilflos ausgeliefert. Wir sahen neue, motivierte Lehrer kommen und konnten fast dabei zuschauen, wie sie sich in dem Sumpf von wilden Klassen und fast stündlich wechselnden Anforderungen verloren. Eines hatten sie alle, bis auf eine Lehrerin, gemein: Sie gingen den Weg des geringsten Widerstandes und hielten ihr Herzblut vollkommen aus ihrer Arbeit heraus. Da wurden Kopien während der Unterrichtszeit gemacht, Klausuren monatelang nicht korrigiert und das Engagement mancher Schüler, den Unterricht zu verbessern und den Willen zum Lernen zu beweisen, am langen Arm aushungern lassen.
Das Verhalten der Lehrer war psychologisch gesehen zwar recht interessant, aber in erster Linie einfach nur menschlich und nachvollziehbar und wird sicher auch von Schule zu Schule differieren – also noch mal zurück zu den vermittelten Inhalten. Davon einmal abgesehen, dass der Fokus besonders ausgiebig auf recht nebensächliche Themen gelegt wurde, die den realen Berufsalltag eines Mediengestalters nicht gerade häufig kreuzen: die meisten wiesen Lücken auf, passten nicht zueinander oder waren ganz simpel unverständlich geschildert. Hinzu kommt, dass selbst Bücher in Detailfragen nicht verlässlich zur Hilfe genommen werden konnten, weil sie sich vielfach widersprachen. So sitzt man da bis kurz vor der Abschlussprüfung, mit einem großen Fragezeichen über dem Kopf, gekleidet in Unsicherheit, und wiegt sich sanft in der Hoffnung, dass gerade zu diesen Themen keine Fragen gestellt werden, wenn der Abschlussprüfungsbogen schlussendlich vor der eigenen Nase liegt.
Abschließend bleibt noch zu sagen, dass mein Jahrgang der Erste war, der an dieser Schule unterrichtet wurde. Ich neige trotzdem nicht dazu, Hoffnung für die Zukunft oder andere Schulen zu kommunizieren: Schon damals erfuhr ich von Bekannten, dass es an anderen Schulen nicht besser war – und wie ich heute noch regelmäßig höre, ist die Kernproblematik „Halbwissen“ immer noch akut präsent.
Donnerstag, 22. März 2007
6 Jahre Mediengestaltung – ein Resüme (4)
Nun haben wir 2 ganze Ausbildungsjahre Ausbildung hinter uns und kommen zum Endspurt. Die großen Unsäglichkeiten sind über uns gekommen und nun verlagern wir unsere Kampfschauplätze ein wenig.
Betriebliche Ausbildung zum Mediengestalter – das dritte Jahr:
Im zweiten Ausbildungsjahr hatte ich ja noch gehofft, dass meine „Ausbilderin“ nach einer angemessenen Babypause zurückkehren würde, zumindest Teilzeit, den kleinen Wurm hätte sie ja wunderbar mitbringen können, und hey! – es war ihre Agentur, die ich da am Leben hielt. Doch diese Hoffnung wurde ebenfalls enttäuscht, denn sie arbeitete von nun an 4 Tage die Woche bei einem Kunden vor Ort. Der fünfte Tag der Woche gehörte somit mir – in Form des üblichen Stundenzettelterrors inklusive ausgiebigen Wochenbericht und – da es ja der Freitag, somit der Putztag und nur noch ein weiterer Azubi vorhanden war – Entleeren der Mülleimer und Entfernung von Staub. Da war keine Zeit, Arbeit zu teilen. Doch darauf war ich mittlerweile durchaus eingestellt und dachte nur noch fast mantra-artig daran, dass das alles bald ein Ende haben wird.
Da ich immer noch alle Funktionen innehatte, die man in einer Agentur innehaben kann, war ich natürlich höchst beschäftigt. Es gab zu realisierende Aufträge und zu beratende Kunden, ich akquirierte erfolgreich kalt und kämpfte mit dem unzuverlässigen Praktikanten. Doch langsam zeichnete sich die Abschlussprüfung am Horizont ab – da musste das ganze selbst antrainierte Wissen ja nochmal gründlich durchgepaukt werden, um auch schön fest zu sitzen. Alle anderen Azubis waren zwischendurch immer mal wieder für halbe oder gar ganze Tage zur gründlichen Vorbereitung von der Arbeit befreit worden – mir wurde auf meine Nachfrage hin entrüstet mitgeteilt, dass ich unabkömmlich wäre und mir dazu ja meine Freizeit zur Verfügung stünde. Was, wenn man es aus Kapazitätsgesichtspunkten der Agentur betrachtet, auch vollkommen plausibel war.
Als dann die Abschlussprüfung stattfand, erkämpfte ich mir die Zeit zur Umsetzung der innerbetrieblich zu bearbeitenden Prüfungsaufgaben regelrecht – der Fairness halber muss ich aber sagen, dass ich schlussendlich zumindest von allen Aufgaben, abgesehen von laufenden Kundenprojekten, befreit wurde. Dass meine Abschlussprüfung seitens des Betriebes nicht ordentlich vorbereitet war und ich aufgrund dessen bei der letzten praktischen Prüfung plötzlich Printler-Aufgaben zu lösen hatte, für die noch nicht einmal technisches Gerät bereitstand, war da natürlich das i-Tüpfelchen. Dass ich es wieder war, die während der 4 Stunden Umsetzungszeit vollkommen aufgelöst den Telefondraht zur IHK heißlaufen ließ, um mir eine andere Aufgabe, die mit den vorhandenen Mitteln zu lösen war, regelrecht zu erbetteln … dass die Domfrau während ihrer eigenen schmalen Prüfungszeit mit mir telefonierte, um mich zu beruhigen und mir ein bisschen Vertrauen darin, dass ich diese Prüfung trotz allem bestehen würde, zu geben … dass mein Poschist es war, der mir den Arsch rettete, indem er mir den benötigten Ausdruck der Arbeit auf den letzten Drücker zuspielte, nur weil der einzige Farbdrucker vor Ort streikte … das erwähne ich nur einmal am Rande.
Mit Bestehen der Abschlussprüfung ging dann alles recht schnell – ich verabschiedete mich von den wenigen mir lieb gewordenen Mitarbeitern mit einem weinenden Auge, lachte ein „Tschüss“ in die Gesichter der Menschen, die mir das Leben dort noch weiter unnötig erschwert haben (und die ich in dieser Schilderung unter den Tisch fallen ließ, um nicht direkt ein ganzes Buch schreiben zu müssen), drehte mich um und ging ein letztes Mal den Weg hinauf, zur Hauptstraße. Ich habe mich weder umgedreht, noch bin ich je dorthin wiedergekehrt.
Auch heute noch bin ich unversöhnlich über den Grad der schamlosen Ausnutzung meiner Arbeitskraft und dem verantwortungslosen Umgang mit mir. Im Austausch mit Klassenkameraden war jedoch zu erfahren, dass kaum jemand im Betrieb etwas beigebracht bekam, was ihn fachlich wirklich weitergebracht hätte. Dass alle schon nach kurzer Zeit eine reguläre Teilzeitstelle hätten besetzen können und dass kaum Rücksicht auf die Bedürfnisse eines Azubis genommen wurde.
Meine Ausbildung ist somit sicherlich ein Sahnestück an Negativbeispiel, doch es wäre ganz klar gelogen, würde man behaupten, sie wäre ein Sonderfall.
Mittwoch, 21. März 2007
6 Jahre Mediengestaltung – ein Resüme (3)
Fahren wir also fort mit der Schilderung einer Ausbildung zum Mediengestalter. Wir befinden uns im letzten Drittel des ersten Lehrjahres und stellen fest, dass die versprochene Zuarbeit der kaufmännischen Azubis immer mehr abnimmt. Wir beobachten, dass die Luft aus dem junge-Menschen-fördern-Sack raus ist und der Druck wächst. Und wir bekommen mitgeteilt, dass die einzige Person, die einem fachlich zur Seite steht und eigentlich ihrer Funktion als Ausbilderin nachkommen sollte, schwanger ist.
Betriebliche Ausbildung zum Mediengestalter – das zweite Jahr:
Es kam, wie es kommen musste: Meine „Ausbilderin“ blieb erfolgreich schwanger und wurde immer runder um die Bauchgegend. Während ihr Bauch heftig wuchs, schrumpfte die Anzahl der Mitarbeiter der Personalberatung auffallend, und so blieb die Zuarbeit der Azubikollegen vollkommen aus. Als Ersatz bekam ein Jahrespraktikant einen PC mit Peripherie und meine neu geborenen Fähigkeiten als Ausbilderin an die Hand. So arbeiteten wir 1 oder 2 Monate, bevor meine Ausbilderin sich anschickte, ihr Kind zu gebären und eine Mutterschaftsauszeit zu nehmen.
Da saß ich nun mit meinem Praktikanten und einer Agentur. Mit laufenden und neuen Projekten, bekannten und neuen Kunden. Mit Projektmanagement, Korrespondenz, Anwender- und EDV-Betreuung. Alleine. Lediglich zum Schreiben der Rechnungen (die ich wohlgemerkt vorbereitete) und zur Arbeitskontrolle kam meine „Ausbilderin“ in den Betrieb – wenn ich Glück hatte, einmal die Woche.
So hatte ich schon zu Beginn des zweiten Lehrjahres mit immensem Druck und hoher Unzufriedenheit zu kämpfen. Ich saugte nebenbei alles Wissen auf, was mir in die Finger kam und war unglaublich frustriert darüber, meine Kreativität und mein Wissen aufgrund von Zeitmangel nicht so einsetzen zu können, wie ich wollte. Sagen wir es einmal so: Auf Sorgfalt und ein Auge für Details wurde weniger Wert gelegt, als auf das minutiöse Ausfüllen der Stundenzettel. Diese Stundenzettel wurden schnell zum regelrechten Spießrutenlauf, jede Viertelstunde wurde diskutiert, als gäbe es kein Morgen mehr.
Aber dann, ja dann, dann kam erst der wirkliche Knüller. Plötzlich stand meine einfach gewonnene, aber mühsam durchkämpfte Ausbildungsstelle auf dem Spiel. Mein Ausbildungsbetrieb baute weiter Stellen ab, die Agentur war noch nicht soweit, einen Azubi mitzutragen, also wurde mir ans Herz gelegt, mich wieder zu bewerben, um meine Ausbildung in einem anderen Betrieb weiterzuführen. Ich hatte also die mündliche Kündigung auf dem Tisch und war am Boden zerstört. Denn von meiner vorherigen Absprungsmöglichkeits-Recherche und aus meiner Ausbildungsklasse wusste ich: Es gibt keine Ausbildungsstellen. Alles vollkommen überlaufen, dicht, keine Chance.
Trotzdem schrieb ich Bewerbungen und begann um meine Ausbildung zu kämpfen. Weinte mir nach einem mal wieder viel zu langen Tag mit viel zu hohem Druck die Augen aus dem Kopf vor Angst, dass die ganze Plackerei umsonst gewesen sein könnte. Seitens meines Ausbildungsbetriebes ließ man mich zappeln, monatelang, und schaute ruhig dabei zu, wie ich eine Agentur schmiss, zur Schule ging, mich privat selbst ausbildete, einen Nebenjob verfolgte und mich erfolglos bewarb. Bis man mir dann, einen Tag vor meinem zweiwöchigen Urlaub, eröffnete, dass ich mich entscheiden könne, ob ich mich weiterhin bewerben wolle, oder als Hauptaufgabe den Vertiebler für die Agentur machen wolle. Ich könne somit meine Ausbildung zumindest pro forma aufrecht erhalten und mir mein Gehalt verdienen.
Man sah sich also außer Stande, meine Ausbildung weiterzuführen, sofern ich nicht via Kaltakquise umsatzsteigernd tätig werden würde. Die Antwort auf dieses Angebot erwartete man nach meinem Urlaub. 2 Wochen später, äußerlich braungebrannt und innerlich käseweiß, sagte ich ja.
Dienstag, 20. März 2007
Für unser Amüsement
Die Bilder der Braunbärin, die wohl nach erfolgreicher Einfang-Jagd gemacht worden sind, also die, wo sie so im Zirkustransportkäfig auf der Stelle hüpft, wisst ihr, also diese Bilder … die tun mir in der Seele weh. Da, wo es ganz tief sitzt und bohrt und Alpträume macht, so wie diese eine Kuh aus dieser einen Reportage Mitte der 90er, diese Kuh, die auf gebrochenen Läufen weiterlaufen musste und dann auch noch mit einem Bein am Kran hing, diese Kuh, deren schwarze Augen mich heute noch verfolgen.
Es ist so entwürdigend. Dieses ehemals stolze, heute offensichtlich verhaltensgestörte Tier übt in unseren Landen Kunststückchen für unser Amüsement aus. Schon seit Jahren verspüre ich akuten Brechreiz, wenn ich einen Zirkus in meiner Nähe wahrnehme, der es für notwendig befindet, Tiere zu halten. Besonders schlimm wird es immer dann, wenn es Wildtiere sind – da mag ich um mich schlagen, mit den Füßen aufstampfen und ganze Gallonen Magensäure speien. So ein Wildtier ist nicht einfach dressierbar. Um so ein Tier für die Manege „fit zu machen“ muss in der Regel sein Wille gebrochen und reichlich Gewalt angewendet werden. Von seinen täglichen Lebensbedingungen, die so weit entfernt sind von artgerechter Haltung wie San José von Buschhoven, einmal ganz abgesehen.
Das ist Quälerei. Das ist anmaßend. Das ist so sehr Mensch, dass ich schreien möchte.
Aus dem serotonischen Berufsalltag | Heute: Mach doch mal was mit Medien
Wie alles begann:
Weiblicher Mensch: Ach, toll, kannst du mir das dann als E-mail schicken?
Ich sage „Natürlich, gerne!“ und schicke das Schriftstück als PDF an die E-Mail-Adresse des WM.
Wie es kompliziert wurde:
WM: Ich habe deine E-Mail bekommen, aber ich kann das nicht öffnen.
Ich schaue verwundert aus der Wäsche, versichere mich, dass WM auch den Adobe Reader installiert hat. Sicherheitshalber prüfe ich parallel, ob die Datei wirklich Probleme macht – und stelle fest, dass alles genau funktioniert, wie es soll.
WM: Ja klar, hab ich, aber da kommen nur so komische Zeichen und viel Englisch.
Ich schlage vor, den althergebrachten Postweg zu nutzen.
WM: Das wäre toll.
Wie es komplizierter wurde:
WM: Dankeschön, das ist angekommen. Ich habe mir das auch mit den Anderen angeschaut, und es sieht soweit gut aus. Die Anderen wollen sich das aber nochmal in Ruhe angucken, kannst du denen das nochmal als E-Mail schicken?
Ich erkundige mich, ob sie meine ursprüngliche Mail noch hat.
WM: Ja, die habe ich noch. Aber die ist ja kaputt.
Ich beginne zu erklären, dass die Datei vollkommen ok ist, und dass sie die Mail einfach an die Anderen weiterleiten kann. Ich kenne ja noch nicht einmal deren Namen.
WM: Dann können die das aber auch nicht öffnen. Ach, entschuldige, da kommt wer, ich ruf dich später nochmal an und geb dir die E-Mail-Adressen durch, ja?
Ich lausche dem Besetztzeichen, das an mein Ohr dringt, noch bevor ich „Ja aber!“ sagen kann. Dann mache ich mich auf zu einer langen Besprechung.
Wie es abwegig wurde:
WM auf Mailbox 1: Ach schade, ich wollte dir gerade die E-Mail-Adressen durchgeben. Ruf doch mal zurück!
WM auf Mailbox 2, 3 Minuten später: Weil ich dich ja nicht erreicht habe, sage ich dir jetzt mal die E-Mailadressen, also das ist einmal pusemuckel[RAUSCHEN IN DER LEITUNG]-Punktkomm, alles klein und nach dem a ein Bindestrich, und die andere ist hässenichgesehn-ät-freemailer-punkt-dä-ä.
Und ich schaue mein Handy an, als hätte es gerade einen Pullover gestrickt.
Ob „die Anderen“ jemals dieses Schriftstück bekommen? Wie viele Mailboxnachrichten werden noch an diesem Nachmittag gespeichert werden? Und was um Himmels Willen macht man mit Medien, wenn der Gegenpart sie so konsequent bricht? Antworten auf diese Fragen lesen Sie hoffentlich bald in dieser kleinen Netzinsel.
6 Jahre Mediengestaltung – ein Resüme (2)
Ohne weitere Umschweife fahre ich nun fort, meine bescheidenen Erfahrungen des Mediengestalter-Werdens festzuhalten. Wer den ersten Teil noch nicht gelesen hat, bekommt hier die Gelegenheit, dies nachzuholen.
Betriebliche Ausbildung zum Mediengestalter – wie alles begann:
Ich versendete also Bewerbungen. Zwei Stück. Auf eine erhielt ich direkt eine Absage, die zweite führte schnell zum Ausbildungsvertragsabschluss – bei einer Personalberatung. „Mit einer was?“ wird sich der eine oder andere nun fragen. Ja, Personalberatung. Wir befanden uns schließlich im Jahre 2001, das Berufsbild des Mediengestalters war neu und ausbildende Betriebe rar gesät. Was war ich ahnungslos damals. Was habe ich noch an den guten Willen von Unternehmen geglaubt, wie tief war mein Vertrauen an die Regeltreue und Aufsichtspflicht der IHK. Und so bekam ich erst schleichend mit, dass ich mich kopfüber in mein eigenes Unglück stürzte.
Betriebliche Ausbildung zum Mediengestalter – das erste Jahr:
Ausbildung in einer Personalberatung also. Diese Personalberatung verfügte über eine eigene „Grafikabteilung“, bestehend aus einer Kauffrau für Bürokommunikation, die während ihrer eigenen, soeben erst vollendeten Ausbildung entdeckte, wie man in WYSIWYG-Editoren Regler schieben kann und somit die firmeneigene Internetzpräsenz gestalterisch betreute. Dies verunsicherte mich keineswegs, wurde diese junge Frau doch als Koryphäe für HTML verkauft und löcherte mich auch beim Bewerbungsgespräch wie eine eben solche. Sicherte man mir doch zu, dass der Mangel an leitend lehrender Fachkompetenz durch ausreichend Freiraum für autodidaktisches Lernen leicht zu kompensieren sei. Autodidaktisches Lernen, das war ganz meins, und das mit dem Freiraum, das nahm ich natürlich auch für voll – wo soll so viel Gestaltungsarbeit in einer kleinen Personalberatung denn schon aufkommen, dass da keine Zeit zum Lernen bliebe?
An meinem ersten Ausbildungstag war ich aufgeregt, neugierig, wissbegierig – und, wie bereits am Rande erwähnt– ahnungslos. Ahnungslos wie ein frisch aus dem Ei gekrochenes Entenküken. Denn kaum hatte ich die Firma betreten, wurde mir freudestrahlend mitgeteilt, dass sich seit dem letzten Gespräch so einiges getan hätte im Hause Personalberatung. Man hätte sich entschlossen, eine Agentur für neue Medien auszugründen, wenn das nicht mal super wäre! Die junge Kauffrau für Bürokommunikation solle die Agentur führen und ich ihre tatkräftige Unterstützung sein, dafür würde man mich sozusagen „ausborgen“, ja, so hätte man sich das vorgestellt. Die anderen, kaufmännischen Azubis der Personalberatung würden auch teilnehmen, das Unternehmen aus der Taufe zu heben, man wolle innovativ sein, uns jungen Menschen eine Chance geben schon früh Großes zu leisten.
Da stand ich also und sah meine schöne Ausbildungszeit schwinden. Aus der Traum vom selbstgelenkten Lernen und Hineinsteigen in die Tiefe diverser Fachbücher, vorbei das Gefühl, den richtigen Schritt gemacht zu haben. Denn da tauchte plötzlich dieser riesige Berg an Erwartungshaltung, Zeitmanagement und Erfolgsdruck vor mir auf. Aber, hey, einer Herausforderung dreht man nicht so schnell den Rücken zu, schon gar nicht, wenn man serotonic heißt, sich etwas in den Kopf gesetzt und keine Ausweichmöglichkeit in der Hinterhand hat.
So verging das erste Jahr recht schnell. Ich lernte verdammt fix, wie man eine Tabelle derart verbiegt und querverschachtelt, dass die Schrift da sitzt, wo man sie haben möchte. Mein wichtigstes Handwerkszeug waren Frames. Ganz nebenbei übernahm ich Teile der EDV- und Anwenderbetreuung der Personalberatung. Freitags waren alle Azubis für das Entleeren von Mülleimern und Hausputz zuständig. Da ich aufgrund meiner früheren Schulbildung schon ein gutes Säcklein Fachwissen mitbrachte, konzipierte ich die Corporate Identity der frisch ausgegründeten Agentur, arbeitete sie in allen benötigten Facetten aus und begann, die Firma als mein Baby zu betrachten. Schon bald kam der erste Auftrag rein und wurde mittels meines vorhandenen Sechstelwissens und hinzugelernten Falschwissens realisiert. Neue, ehrgeizige Projekte wurden gestartet, sogar die Presse wurde aufmerksam.
Und ich musste für mich feststellen, dass das keine Ausbildung war, die ich da machte, sondern ein vollwertiger, gelinde gesagt beschissen bezahlter und absolut unbefriedigender Teilzeitjob. So hielt ich die Augen nach einer Ausweichmöglichkeit offen, doch es bot sich keine. Folglich ergab ich mich in dieses Schicksal, bildete mich nach der Schule oder Feierabend und am Wochenende fort – wenn ich nicht gerade in der Videothek jobbte, was ich drei Mal wöchentlich tat, um meine Miete überhaupt bezahlen zu können. Wenn mir da jemand gesagt hätte: „Du, halt dich fest! Das kommt noch schlimmer!“, dann hätte ich kugelrunde Augen gemacht, irre gekichert und ihn für vollkommen erblödet erklärt. Ich konnte ja schließlich nicht wissen, dass es tatsächlich noch schlimmer kommen würde.
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