Dienstag, 24. Oktober 2006
So ein braves Mädchen!
Sonntag, 22. Oktober 2006
Nur noch ein Weilchen. Bitte.
Sie klingt überraschend gut am Telefon. Sie lacht, nur kurz nachdem sie mir in einem Nebensatz gesagt hat, dass sie Angst hat. Wir müssen doch jetzt lachen, oder!? Was haben wir denn sonst noch?
fragt sie mich, ohne wirklich zu fragen. Mir bleibt das Lachen im Halse stecken. Ich huste es trotzdem aus und hoffe, dass sie nicht hört, wie aufgesetzt es ist. Ich lache für Sie, während mir eine einsame Träne die Wange hinunterrollt. Ich sehe sie, als sie auf dem Schreibtisch zerschellt und wundere mich darüber, dass ich sie vorher nicht gespürt habe.
Sie spricht von ihrem reichen Leben, spricht davon, dass sie so nicht mehr weitermachen möchte, nimmt das Wort Risiko vorsichtig in den Mund und lacht es an. Mach dir nicht zu viele Sorgen um mich. Ich will das und ich schaffe das schon. Und wenn ich es nicht schaffe, dann ist das halt so. Dann habe ich es wenigstens versucht. Drück mir bitte die Daumen.
sagt sie in einem fast vergnügten Ton. Ich schmecke Magensäure, brauche einen Moment, will für sie den gleichen Ton finden. Ach Mäuschen, ich weiß schon. Aber ich bin doch schon alt.
. Mühsam kämpfe ich die Tränen und die Bitterkeit herunter und lache sie an, sage ihr, dass ich sie ganz fest in den Arm nehme, dass sie zwar alt ist, aber ja schon immer ein Sturkopf war und dass sie es schaffen wird.
Wir reden, lachen noch einen Moment. Ihre Schwester ist bei ihr zu Besuch, der Kaffee wird kalt und sie sagt, dass sie zurück zum Kaffeetisch möchte. Ich schlucke den Ausruf, sie solle doch keinen Kaffee trinken, das wäre nicht gut für sie, und den Impuls, sie fest, sie bei mir zu halten hinunter.
Einen schönen Sonntag noch, Mäuschen. Ich hab dich lieb.
Ich hab dich auch lieb, Omi. Pass auf dich auf.
Sie ist 79 Jahre alt. Nächste Woche wird ihr Leben in den Händen von Narkoseärzten und Chirurgen liegen. Ich habe Angst, dass sie es vielleicht nicht halten können.
Freitag, 20. Oktober 2006
Schon GEZ-ahlt.
Und ich dachte schon, es hätte daran gelegen, dass ich so ungehalten auf GEZ-Schreiben reagierte und kein Porto auf Antwort-Umschläge klebte. Aber daran hat es wohl nicht gelegen:
Die GEZ glaubt Lydia auch nicht, dass sie zahlt. Obwohl auch Sie eine Einzugsermächtigung erteilt hat.
Montag, 16. Oktober 2006
Keine illegale Intention, nein nein!
Soeben zwitscherte mir ein Vögelchen, dass beim Versuch, zu meinem letzten Eintrag ein Zückerchen zu verfüttern, die Seite „Illegale Intention?“ geladen und eben kein Zückerchen verfüttert wurde. Das war natürlich keine Absicht.
Der Grund dafür ist ganz simpel – hier tauchen andauernd im Internetz suchende Menschen auf, die anscheinend nach Befriedigung ihrer pädophilen Neigungen dürsten. Damit ich diesen widerlichen, nicht greifbaren Typen meine Gedanken zu ihren Suchbegriffen mitteilen kann und zumindest das Gefühl habe, sie vor meine virtuelle Tür gesetzt zu haben, läuft unter des Zoos Haube eine Referrerweiche, die unter anderem bei der Wortkombination „klein“ und „Mädchen“ heftig Ausschlag bekommt und zur bereits erwähnten „Illegale Intention?“–Warnseite umleitet. Blöderweise hatte ich das während des Schreibens des letzten Eintrages nicht bedacht und die Überschrift „Von kleinen Mädchen und Bitches“ verwendet - somit schlug die Referrerweiche bei Fütterversuchen zu. Schnell „Mädchen“ gegen „Engelchen“ getauscht, und alles war wieder gut.
Sollten Sie sich also zu Unrecht beschimpft gefühlt haben, so lassen Sie sich gesagt sein: Da haben Sie Recht. Das war nicht rechtens. Aber auch nicht so gemeint, sondern ein Versehen. Tschulligung.
Lieben Dank für die Aufmerksamkeit. Ich gehe mich dann mal um eine neue Kupplung kümmern.
[audiovisualisieren Sie bitte verschnieftes Seufzen]
Samstag, 14. Oktober 2006
Von kleinen Engelchen und Bitches
Es gibt Tage, an denen geht so einiges schief, Tage, die schwer im Magen liegen und in den Nächten das Kissen mit dir teilen. Das sind Tage, die nicht schön, aber auszuhalten sind. Mit der Zeit findet eine Art von Konditionierung statt; sie tun nicht weh, diese Tage, werden geradezu stoisch hingenommen und zu staubigen Akten gelegt, noch bevor sie richtig verdaut wurden.
Dann gibt es aber auch Tage, an denen das Leben es besonders gut mit dir meint, dir felsbrockenartige Happen zwischen die Kiefer schiebt und dich zwingt, sie zu schlucken – noch bevor du „Halt! Ich bin doch schon so satt!“ sagen kannst. Heute ist so ein Tag.
Mitte dieser Woche schnappte ich mir das kleine Mädchen, nahm sie auf den Arm und kuschelte ihren zarten Bauch, massierte dieses schnurrende kleine Etwas auf meinem Arm und entdeckte einen Knoten. Dann noch einen. Sofort spürte ich, wie sich eine eiskalte Zange um mein Herz legte, hielt aber an mich, denn vor ein paar Monaten schwor ich mir, mich nicht mehr verrückt zu machen, ehe ich einen tierärztlichen, eindeutigen und endgültigen Befund in den Händen halten würde. Natürlich begleitete mich die diffuse Angst in den letzten Tagen, bis wir heute morgen das kleine Engelchen in die Transportbox und diese in meine Bitch packten, um uns von einer fachkundigen Beurteilung beruhigen zu lassen.
Kurz nach der Autobahnausfahrt, ich wollte lässig den vierten Gang einlegen, da kreischte das Getriebe meiner geliebten Bitch, als hätte ich versäumt, die Kupplung zu betätigen. Es war unmöglich, einen Gang einzulegen. Mit Ach, Krach und klopfenden Herzen gelang es mir, sie bis zur nächsten Ampel ausrollen zu lassen. Es schaltete auf Grün, ich versuchte mein Glück ein weiteres Mal, legte den ersten Gang ein – und siehe da: sie fuhr, brav und fleißig wie ich es gewohnt bin. Beim Tierarzt angekommen ließ sie sich brav parken; wir schnappten uns das schreiende Engelchen von der Rücksitzbank und schritten zur Diagnose.
Die Tierärztin runzelte schneller die Stirn, als es uns lieb war. Ja, da waren harmlose Zysten, wie von mir vermutet und erhofft. Aber auch etliche Knoten am Gesäuge, die dort nicht hingehören. Gutartige, klar abgegrenzte, wohlgemerkt. Diese Knoten müssen allerdings ständig überwacht werden, sie mutieren schnell zu bösartigen, die dann noch schneller Metastasen bilden. Genaue, regelmäßige Kontrolle ist also nötig, um schnell genug handeln – ergo beide Milchleisten entfernen – zu können, sollten sich die Tumore wandeln. Keine wirkliche Hiobsbotschaft also, aber eine weitere Alarmglocke, die bei mir jetzt im Hinterkopf dauerbimmeln wird.
Ich hätte ein paar ruhige Minuten gebraucht, um diese Nachricht zu verinnerlichen, meine Nervenstränge zu ordnen und die angebrachte Fassung zu wahren. Aber wie gesagt, da gibt es Tage, an denen es das Leben ganz besonders gut mit mir meint und mich mehr fressen lässt, als ich verdauen kann: Schreiende Phoebe mit wehem Herzen auf die Rücksitzbank gesetzt, Motor gestartet, vom Parkplatz gefahren, in den nächsten Gang geschaltet – um wieder dieses schmerzhafte Kreischen des Getriebes hören zu müssen. Von nun an ging gar nichts mehr; uns blieb nur, die Kfz-Fachmenschen mit gelben Autos zu rufen.
Da standen wir also, 20 Kilometer vom wohligen zu Hause entfernt, eine schreiende Katzendame im Gepäck, Sorge im Herzen, inmitten der bornheimischen Pampa, und warteten auf den Abschleppdienst. Um die nun nachfolgende Odyssee abzukürzen: Mein Auto, meine Freiheit, meine alltägliche Möglichkeit, den Kopf frei zu bekommen, hat entweder eine defekte Kupplung, oder, wonach es leider eher aussieht, einen Getriebeschaden. Meine Bitch ist bereits über 13 Jahre alt, da ist nichts mehr mit Garantie, ich komme berufsbedingt nicht ohne Auto aus und besitze zu allem Überfluss ein reichlich leergeräumtes Konto. Außerdem hängt mein Herz an der vielfach verdellten und in diversen Rottönen lackierten alten Dame, ich kenne jede ihrer Macken, ich mag ihre ruppige Art beim Schalten, ich liebe ihr Röhren bei hohen Drehzahlen und das leise, aber doch satte Tackern ihrer Zylinder.
Nun warte ich also auf die nächste Diagnose. Es ist erstaunlich, wie so eine Seele tickt, wenn eine Backpfeife noch nicht verdaut werden konnte, und direkt die nächste folgt. Das Leben ist doch ein dreckiger Bluthund. Wenn ihn einmal jemand anders füttern könnte …?
Mittwoch, 11. Oktober 2006
serotonische Weisheiten (2) – Erkenntnisse des Alltags (9) – Kryptographencontent (2)
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