Dienstag, 5. September 2006
Goodbye Gorgeous
Als ich gestern im jawl die Nachricht las, dass Steve Irwin gestorben ist, machte sich ein großer, trauriger Kloß in meiner Kehle breit. Dieser Mann, über den ich meist zusammen mit dem Poschisten so oft und herzlich gelacht habe, über seine Grimassen, über seine Begeisterungsfähigkeit, über den Schalk, der diesem großen Jungen aus den Augen stach. Ich hatte auch meine Bauchschmerzen mit ihm, mit seinen Methoden, mit seiner rauhen und in meinen Augen respektlosen Art, Tiere „anzufassen“, die Tierwelt zu einer Showbühne zu machen. Ich übte mich häufig in Kritik – schätzte aber trotzdem sehr, was er getan hat. Sein Versuch, irrationalen Hass und Angst vor der vermeintlich gefährlichen Kreatur in Faszination und Bewunderung zu kehren, die Menschen gespannt hinsehen zu lassen, war und ist einfach Gold wert.
Nun ist dieser Mann tot, der Mann, dessen Augen so leuchteten, wenn er seine Familie um sich hatte, der keinen Hehl aus seiner tiefen Liebe zu seinem Hund Sui machte, der Begeisterungsfähigkeit wie kein Anderer seiner Kollegen versprühte. Gestorben bei dem, was ihn ausmachte; gestorben an dem, was er versuchte, bekannt und damit schützenswert zu machen. Bleibt mir nur, ein großes Dankeschön hinterher zu schicken. Und ein aus voller Brust geschmettertes „See ya!“
Montag, 4. September 2006
Alles klar bei dir, liebe BPjM?
Ich mein’, ich habs ja nicht so mit Musikkritik, die scheitert oft direkt an meinem durchaus mainstreamfähigen Geschmack. Dann schon eher mit doppelmoralischer Sprachkritik, das liegt mir schon eher. Manchmal versuche ich mich auch recht halbgar darin, die Gesellschaft zu kritisieren. Heute habe ich einmal Gelegenheit, direkt alle dieser 3 Fliegen mit ein und der selben Klappe zu erschlagen.
Es begab sich an einem anstrengenden Samstagspätnachmittag, als der Poschist und ich eine Pause vom Möbelrücken einlegten, um uns an Kaffee, Gebäck und medialer Unterhaltung gütlich zu tun. Der Kaffee duftete wunderbar, die Muffins zitterten schon beim Anblick unserer gierigen Mäuler; wir ließen uns zufrieden seufzend in die wenigen Sofakissen sinken und der Herr Poschist übernahm die Macht, um sich quer durchs TV-Programm zu zappen. Wir schlürften, streckten die schmerzenden Glieder, amüsierten uns über die inflationäre Verwendung von „Drop-it-like-it’s-hot“-Posen weiblicher Musikvideostatistinnen mit künftigem Rückratschaden, mampften Muffins was das Zeug hielt, bis … ja bis uns vollsynchron eben jene Muffins im Halse stecken blieben. An unsere Ohren drang etwas, was beim flüchtigen Hören dem Kehlchen des Kotio–Motel-Frontmädels hätte entspringen können, an unserem Sehnerv etwas, das Brüste und aggressive Bewegungsweisen darbot – und in unseren Verstand schlug der Satz „Ich_könnte_dich_erschießen“ voll ein. Nachdem wir unsere Luftröhren von unwillkürlich eingeatmeten Muffinkrümeln befreit hatten, blieb uns noch ein Weilchen der Mund offen stehen, und die Fassungslosigkeit machte es sich in unseren Augenpaaren gemütlich.
Ich erspare dem werten Leser nun eine weiterführende Schilderung des Liedgut-Inhaltes, bitte jedoch darum, zum Verständnis der nun folgende Worte folgenden Link zu klicken und sich einmal höchstselbst anzuschauen, was das Hause seroposch in unverholenes Staunen versetze: Loza Lo
Nachdem nun wir nun alle auf dem gleichen Stand sind, stelle ich einfach einmal folgende, äußerst banale, aber in meinen Augen durchaus berechtigte Frage in den Raum: Muss sowas sein? Oder vielleicht auch: Darf sowas sein?
Ich erinnere mich nur zu gut daran, dass ich als Jugendliche etliche Tapes und CDs besaß, welche auf dem Index standen. Besonders lang her ist das nun wirklich nicht. Ich erinnere mich aber nicht, auch nur eine CD besessen zu haben, die einen Text mit so umfassendem Gewaltpotential beinhaltete. Zum allererstem Male bin ich schockiert (wirklich schockiert – nicht nur unangenehm berührt oder befremdet) von dem, was „die Jugend“ da hört. Schockiert, dass so etwas produziert wurde. Schockiert, dass es vermarktet wird. Schockiert, wie alltäglich Gewalt, und sei es nur in Sprache, mittlerweile zu sein scheint. Schockiert, dass die Vorstellung genussvollen Mordens Teil der jugendgerichteten Medienlandschaft ist. Schockiert über den Grad der Verrohung (da war doch mal was? Himmel hilf.).
Erwähnte ich schon, dass ich schockiert bin? Gut. Dann kann ich ja zum nächsten Punkt übergehen: Was macht eigentlich die BPjM so? Ich mein, außer eine kuschelig-flauschig anmutende Internetpräsenz zu haben? ’N Nickerchen vielleicht? Vielleicht auch ein ausgiebiges? Oder hat die sich jetzt so auf das böse, böse Blut in Computerspielen eingeschossen, dass der Tellerrand zum Überblicken zu weit weg rückte? Oder deute ich den Satz Dazu zählen vor allem unsittliche, verrohend wirkende, zu Gewalttätigkeit, Verbrechen oder Rassenhass anreizende Medien
(§ 18 Absatz 1 des JuSchG, Hervorhebung von mir) im Zusammenhang mit zu indizierenden Medien nur so vollkommen falsch?
Vielleicht habe ich ja doch schon den Blick für die Jungen unter den jungen Menschen verloren. Vielleicht ist das ja heute so, dass die Musikindustrie solcherlei produzieren und vermarkten muss, um zumindest noch ein Sonntagsbrötchen pro Mitarbeiter zu verdienen. Vielleicht fällt das Bedürfnis, einen Ex-Freund mal ordentlich blutreich ums Eck zu bringen, mittlerweile unter das, was gemeinschaftsfähige Persönlichkeiten auszeichnet. Vielleicht sollte ich mich endgültig von meiner rosigen Vorstellung gesellschaftlicher Verantwortung verabschieden und umlernen.
Erfahrungen mit Waffenscheinen, anyone?
Freitag, 1. September 2006
Selbstbeherrschung
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