Dienstag, 15. Mai 2007
…
Ich lege mein Handy beiseite und mustere es gedankenverloren, bis die automatische Tastensperre einrastet und das Display erlischt. Ich stopfe es in meine Tasche und kraule den dicken Kater unter dem Kinn, weil er aus reiner Neugierde direkt mit hinein will und nur Zuneigung ihn bremsen kann. Du möchtest auch gerne wissen, was los ist, hm?
frage ich ihn. Seine Antwort, ein heftiger Kopfstubser, fällt für mich eindeutig aus. Ich nehme mir noch ein paar Minuten und biete ihm meine zum Schneidersitz verbogenen Beine zum Ruhen an. Sein Schnurren in höchsten Tönen gibt mir die Ruhe, einmal zu mir zu kommen. Meine Gedanken zu ordnen.
Ich habe das Gefühl, dass irgend etwas nicht stimmt. Es ist nicht das Kaum-Telefonieren, es ist nicht das Selten-Zusammenkommen. Ich weiß, wir beide haben wenig Zeit, wir beide haben viele Dinge zu ordnen, die wir nicht angefragt haben, die uns nicht willkommen sind und uns trotzdem zu viel von der kostbaren Zeit rauben, die wir sonst in Teilen miteinander verbringen würden. Aber würden wir – jetzt, heute – wirklich, sofern wir sie hätten?
Wenn ich genauer nachdenke, muss ich feststellen, nicht wirklich da gewesen zu sein in den letzten Monaten. Aufmerksamkeitsfenster hier und da, aber halt nur Fenster, und sperrangelweit offen waren sie auch nicht. Das Wort „Schuld“ schlägt plötzlich direkt hinter meiner Stirnplatte ein und ich frage mich, ob ich es bin, die hier vielleicht das ist, was nicht stimmt. Ich drehe und wende meine Gedanken, lege die Stirn abwechselnd in Quer- und Längsfalten und beschließe, dass das Wort „Schuld“ zu groß ist für etwas, was ich noch nicht einmal fassen kann. Von dem ich noch nicht einmal weiß, ob es wirklich da ist. Alles, was ich weiß und dessen ich mir sicher bin ist, dass mich das Schweigen schmerzt.
Ein Blick auf die Uhr verrät mir, dass es Zeit ist, aufzubrechen. Ich ziehe den dicken Kater vorsichtig am Ohr und stelle ihm die alles entscheidende Frage: Und, was mache ich jetzt?
Er verlässt sein Bett aus Menschenbeinen, lässt sich neben mir auf die Couch fallen und gähnt mich blinzelnd an.
Er hat so Recht. Die Ruhe bewahren, abwarten – das ist mit Abstand das Beste, was ich jetzt für uns tun kann.
(Ich weiß nicht, was ich sagen soll, solche Einträge machen mich immer völlig fertig, auch wenn sie so treffsicher geschrieben sind.)
hinterlektuelles:
Dass ich das nicht beabsichtige, weiß du ja sicher … Hm. Mir geht es bei Anderen auch oft so, und meist bleibe ich dann einfach still. Merci, dass du es nicht geblieben bist.
smiley:
Auch dir dankeschön fürs Aussprechen. (Und ja, das weiß ich – das musst du hier auch nicht erneuern :))
Bitte audiovisualisieren Sie ein ausgiebiges Kichern ;D
Und, ähem, das ist mir ja jetzt ein wenig peinlich, aber, ähem, nun ja, wie soll ich sagen … Du podcastest?
Ich wusste ja, dass ich eine Menge verpasst habe in den letzten Monaten, aber dass es so viel ist, war mir nicht bewusst. Dä. (Wo denn, wie denn?)
Das ist halt dieses Ding mit den ganzen Identitäten und Pseudonymen, wo die eine von der anderen nichts weiß und kein anderer was wissen soll. Da verleugnet man sich dann sogar im eigenen Weblog und schießt die URL nur ins RSS-Feed, bevor man den Eintrag wieder löscht. Bescheuert. Das muss ich irgendwann mal aufgeben.
Wie auch immer: Über http://wwwpodsterde/view/6030 kommst du auf unsere Seite. Und die ersten drei Episoden sind als Prolog zu verstehen, wir mussten uns erst finden. Und werden immer noch jedes Mal besser. ;)
Ähnliches hier. Ich schaffe gerade mein Rumgeeier um die virtuelle Identität ab. Jarwoll.
@Podcast: Merci für die URL, ich bin schon höchstgespannt und freue mich auf die nächste freie Stunde :)
Aber wie macht man das? Altes Weblog zu, neues Weblog auf, Impressum mit Realname, bei jedem Eintrag genau nachdenken, wer ihn in Zukunft mal lesen könnte und was das bedeuten könnte?
Und trotzdem denke ich, dass ich weiter schreiben werde, wie mir die Schnüss gewachsen ist. Der Gefahr, dass mich das irgendwann einholt, sehe ich mittlerweile recht gelassen entgegen.
[Bitte visualisieren Sie einen kleinen Zeichentricklöwen]
„Hörst du mich Gefahr? Ich lach dir ins Gesicht! *hahaha*“
Ich glaube das ist der Satz des Jahres 2007 für mich. Hätte ich auch mal besser in so unzähligen Situationen dieses Jahr machen sollen.
Werde ich dann ab jetzt wohl auch mal versuchen....
Ich drück dir die Daumen, dass du es besser kannst als ich, das mit der Ruhe.
Ansonsten kannst du ja mal berichten, ob dir das hier: http://gedankenzoo.serotonic.de/389-Spannungsbogen.html schon bekannt vorkommt ;)
**seufz*