Montag, 6. November 2006
Von Putz und kleinen Aschehäufchen
Es ist derzeit so, dass alles, was ich anfasse, zu einem kleinen Häufchen Asche verkommt. So zum Beispiel das Schlafzimmer des Hauses seroposch.
Der klitzekleine Raum sollte endlich eine neue Anmutung samt Interieur erhalten, auf dass seine Nutznießer ihn zukünftig mit Genuss bewohnen würden. Vorbei sollten die Zeiten sein, in denen der Poschist und ich vor lauter Schlafzimmerverdrossenheit halbe Nächte auf der Couch zubrachten, vergehen sollte der Zustand, dass sich der Kleiderschrank mit Schwingtüren schrägenbedingt nur ein Drittel weit öffnen ließ und ich somit mehr nach meiner Kleidung angelte, denn sie bequem zu entnehmen, verschwinden sollte die potthässliche Terrakotta-Wandoptik der Vormieter. Anbrechen sollten Zeiten höchsten Schlafkomforts auf einer Mehrschicht-Latexmatratze statt des ollen Federkerns, beginnen sollte das einem Weibchen zustehende Wühlen in Schrank und ausladender Kommode, eingebettet in optischen Hochgenuss!
Nun ist dem Hause seroposch bereits hinlänglich bekannt, dass Möbelhäuser Sümpfe falscher Versprechungen sind und die Manifestierung von Lieferschwierigkeiten schlechthin darstellen. Aus diesem Grund lagerte nun schon seit Monaten der neue Kleiderschrank originalverpackt in den feldrandischen Kellergewölben. Aus diesem Grund stand die neue Kommode seit Wochen zusammengeschraubt in meinen klitzekleinen Büroräumlichkeiten. Nachdem dann auch die Matratze passend zum – bereits seit etlichen Wochen im Möbelhaus unserer Zwangswahl lagernden – Bett eingetroffen war, vereinbarten wir einen Termin zur Lieferung der neuen Schlafstatt. Dieser Termin ist morgen.
So begab es sich gestern, nachdem der Poschist und ich das alte Mobiliar zerlegt und hinfortgetragen haben, dass eine liebe Mitstreiterin und ich mit Klebeband, Plastikfolie, Pinseln, Röllchen und Farbe der Terrakotta-Optik an den Leib rückten. Fleißig schützten wir Fliesen, Fensterstürze und Türzargen vor womöglich kommenden Farbtupfern, während der Poschist sich daran begab, den alten Schrank im Keller wieder auf- und den Neuen im Wohnzimmer zusammenzubauen. Zwischendurch flachsten wir Weibchen, dass das Abkleben ja immer die größte Arbeit sei und fluchten über die kreative Verwendung vormieterischer Tapete auf Fußleisten und Türzargen. Fröhlich begannen wir dann irgendwann damit, unter die Schräge zu kriechen und das Terrakotta-Imitat zu weißen. Und in einem Rutsch der Tapete dabei zuzuschauen, wie sie hübsche, großflächige Blasenmuster bildete. Und weiterführend Farbe unter Tapetennähte zu schmieren, um sie zur bleibenden Wandhaftung zu überreden. Was uns mehr schlecht als recht gelang – doch trug uns sie Hoffnung, die Tapete würde sich nach Trocknung wieder liebevoll an die Wand schmiegen. Was sie natürlich nicht tat.
Ganze 3 Stunden Arbeit waren nun vergangen, das Ergebnis konnte man noch nicht einmal mit bestem Willen und unter 1,8 Promille auch nur annähernd gutheißen. Reichlich resigniert ergaben wir uns also unserem Schicksal und rissen die frisch gestrichene Tapete wieder herunter. So knieten wir in altem Kleister und bearbeiteten die wenigen, jedoch großflächigen Stellen, an denen die Tapete geradezu innig mit der Wand verbunden war. Weitere 3 Stunden benötigten wir somit, um die Wand bis auf den Putz zu entkleiden. (So eine Arbeit entzaubert übrigens jegliches „Wir leben in einem schicken Neubau“-Gefühl, zeigt mit hocherhobenen Fingern auf gerissene Dehnungsfugen und auf halbherzig zerschnibbelte Fliesen als Fußleisten mit > 3mm Abstand zur Wand. Aber das nur nebenbei.)
Jetzt prangt also statt frischem Weiß dreckiger Putz von den Wänden. Jetzt steht also ein Kleiderschrank mitten im Wohnzimmer. Jetzt ist also mein Büro Zwischenlager für Schlafzimmer-Interieur. Jetzt ist also unser Sofa im ausgeklappten Zustand Unterlage für die alte Matratze, um uns eine provisorische Schlafstatt zu sein. Jetzt stehen wir also da: vollkommen talentfrei hinsichtlich Tapeziertätigkeiten und ohne einen blassen Schimmer, wo man denn einen bezahlbaren Tapezier-Talentierten auffinden könnte, in einer zum bersten vollgestellten Wohnung, die einem Sperrmüllhaufen auffallend ähnelt. Und morgen wird das Bett geliefert.
Erwähnte ich schon, dass alles, was ich anfasse, zu einem kleinen Häufchen Asche verkommt?
Der Farbwahl und Farb-Abwahl kann ich nur vollstens zustimmen. Wände gehören einfach nicht bunt.
Um so mehr: viel Erfolg beim Retten der Situation. Leider morgen zeit-blöden Termin, sonst Hilfeangebot.
Guckt mal in die Kleinanzeigen, vielleicht geht da was?
Danke :)
An Streich-Rauhfaser habe ich tatsächlich gedacht – es ist leider nicht so ohne weiteres möglich, da wir bei Auszug nackten Putz hinterlassen müssen – und da ist das Entfernen von Tapete wesentlich unkomplizierter. (Übrigens bin ich gar nicht so fest der Meinung, dass Wände nicht bunt sein dürfen. Kommt darauf an, wie sinn- und stilvoll die Farbe verwendet wird ;))
schoko-bella:
Merci :)
Wir haben gestern in Eigenregie Vlies auf die Wände gehauen, da uns an allen möglichen Stellen versichert wurde, dass das a) idiotensicher ist und b) nicht mehr gestrichen werden müsste.
a) stimmte (dafür dauert es vergleichsweise länger) und
b) ist schlichtweg gelogen. Ist nicht blickdicht, das blöde Vlies.
asa:
Hihi :) Darf ich dich fragen, wie schnell du dich vom Renovierungsleiden erholt hast? Ich hätte nämlich gerne eine wie-auch-immer geartete Perspektive :D
Für Kleinanzeigen gucken musste das ganze zu schnell gehen, das Bett wurde ja gestern geliefert. (Dass die Matratze zu klein geliefert wurde und wir jetzt, wenn wir Pech haben, noch 6-8 Wochen auf passenden Ersatz warten müssen, führt die Eile rückblickend natürlich ad absurdum …)
Zu bunter Farbe an Wänden: so ganz ernst nehme ich mein Gebot dahingehend auch nicht. Im Flur haben wir ein sehr pastelliges Gelb-Ocker-Irgendwas, mit etwas dunkleren Absätzen um die Bilderrahmen herum. Wenn man sich lang genug auf den entsprechenden Stil und die Farbgebung festlegen mag, ist das auch in Ordnung. Aber ich habe auch schon von Leuten gehört, die im Schlafzimmer eine Wand mit schwarzem Autolack behandelt haben, was dann den Nachmietern viel Freude bescherte, dort Tapete oder Farbe zu befestigen.
Prinzipiell finde ich: Pastelltöne, die subtil genug sind, einem fremden Auge nicht sofort aufzufallen, sind immer ok. Bei weißen Wänden kann man dafür den generellen Farbton im Raum durch Deko aller Art bestimmen und unvergleichlich schneller auswechseln.
Im Allgemeinen bin ich auch der Mensch, der zu dem Eintrag drüber direkt von Punkt 3 auf Punkt 6 springt, gejammert wird nur im Notfall oder hinterher ;-)
Überlegt gut, was Ihr machen wollt, es soll sich ja lohnen, oder? Trotz Ohr-abkauendem Tapezierer ist das Endergebnis echt schön geworden. Und ein paar Wochen im Chaos springen ist zwar voll doof, aber hält den Geist auf Trab :-D
(Möbelhäuser sind auch manchmal etwas wirr, aber das ist ein anderes Thema)
Wir durften die Vorliebe ausbaden, da wir damals, als wir in die Wohnung einzogen, keine Finanzmittel zur Neugestaltung der Räume hatten. So boten wir den Vormietern an, alles so zu belassen, wie es war und litten still ein paar Jährchen. In meinem Büro prangt z.B. immer noch Terrakotta von den Wänden. Das wird nächstes Frühjahr erledigt.
Thema Farbe: Dann sind wir ja d’accord :)
asa:
Na, so langsam erhole auch ich mich vom Renovierungsleiden :)
Und was das Jammern angeht: Das kann ich doch recht gut, wenn meine Nerven zu sehr überstrapaziert werden, da bin ich schwach hoch3. In der Regel aber auch nur solange, bis ich wieder irgendwo zupacken muss. Ein Pausenfüller, sozusagen ;)
Die Farbe sitzt nun gut an der Wand, aber in Relation zur Arbeitsmenge ist das Ergebnis – nun ja – suboptimal. Haben wir draus gelernt, nächtes Mal kommt da ein Fachmann dran, und zwar von Anfang an.
(Dass Möbelhäuser wirr sind, können wir gerade mal wieder ausgiebig beobachten. Die haben tatsächlich unsere Matratze verschlampt. „Frau serotonic, es tut uns wirklich leid, aber wir haben keine Ahnung, wo ihre Matratze ist. Wir suchen noch im Lager und versuchen nachzuvollziehen, warum eine falsche Matratze in die richtige Verpackung geriet. Haben Sie noch ein wenig Geduld … bitte.“ Na klar. Haben wir. Wissen’se doch.)