Samstag, 14. Oktober 2006
Von kleinen Engelchen und Bitches
Es gibt Tage, an denen geht so einiges schief, Tage, die schwer im Magen liegen und in den Nächten das Kissen mit dir teilen. Das sind Tage, die nicht schön, aber auszuhalten sind. Mit der Zeit findet eine Art von Konditionierung statt; sie tun nicht weh, diese Tage, werden geradezu stoisch hingenommen und zu staubigen Akten gelegt, noch bevor sie richtig verdaut wurden.
Dann gibt es aber auch Tage, an denen das Leben es besonders gut mit dir meint, dir felsbrockenartige Happen zwischen die Kiefer schiebt und dich zwingt, sie zu schlucken – noch bevor du „Halt! Ich bin doch schon so satt!“ sagen kannst. Heute ist so ein Tag.
Mitte dieser Woche schnappte ich mir das kleine Mädchen, nahm sie auf den Arm und kuschelte ihren zarten Bauch, massierte dieses schnurrende kleine Etwas auf meinem Arm und entdeckte einen Knoten. Dann noch einen. Sofort spürte ich, wie sich eine eiskalte Zange um mein Herz legte, hielt aber an mich, denn vor ein paar Monaten schwor ich mir, mich nicht mehr verrückt zu machen, ehe ich einen tierärztlichen, eindeutigen und endgültigen Befund in den Händen halten würde. Natürlich begleitete mich die diffuse Angst in den letzten Tagen, bis wir heute morgen das kleine Engelchen in die Transportbox und diese in meine Bitch packten, um uns von einer fachkundigen Beurteilung beruhigen zu lassen.
Kurz nach der Autobahnausfahrt, ich wollte lässig den vierten Gang einlegen, da kreischte das Getriebe meiner geliebten Bitch, als hätte ich versäumt, die Kupplung zu betätigen. Es war unmöglich, einen Gang einzulegen. Mit Ach, Krach und klopfenden Herzen gelang es mir, sie bis zur nächsten Ampel ausrollen zu lassen. Es schaltete auf Grün, ich versuchte mein Glück ein weiteres Mal, legte den ersten Gang ein – und siehe da: sie fuhr, brav und fleißig wie ich es gewohnt bin. Beim Tierarzt angekommen ließ sie sich brav parken; wir schnappten uns das schreiende Engelchen von der Rücksitzbank und schritten zur Diagnose.
Die Tierärztin runzelte schneller die Stirn, als es uns lieb war. Ja, da waren harmlose Zysten, wie von mir vermutet und erhofft. Aber auch etliche Knoten am Gesäuge, die dort nicht hingehören. Gutartige, klar abgegrenzte, wohlgemerkt. Diese Knoten müssen allerdings ständig überwacht werden, sie mutieren schnell zu bösartigen, die dann noch schneller Metastasen bilden. Genaue, regelmäßige Kontrolle ist also nötig, um schnell genug handeln – ergo beide Milchleisten entfernen – zu können, sollten sich die Tumore wandeln. Keine wirkliche Hiobsbotschaft also, aber eine weitere Alarmglocke, die bei mir jetzt im Hinterkopf dauerbimmeln wird.
Ich hätte ein paar ruhige Minuten gebraucht, um diese Nachricht zu verinnerlichen, meine Nervenstränge zu ordnen und die angebrachte Fassung zu wahren. Aber wie gesagt, da gibt es Tage, an denen es das Leben ganz besonders gut mit mir meint und mich mehr fressen lässt, als ich verdauen kann: Schreiende Phoebe mit wehem Herzen auf die Rücksitzbank gesetzt, Motor gestartet, vom Parkplatz gefahren, in den nächsten Gang geschaltet – um wieder dieses schmerzhafte Kreischen des Getriebes hören zu müssen. Von nun an ging gar nichts mehr; uns blieb nur, die Kfz-Fachmenschen mit gelben Autos zu rufen.
Da standen wir also, 20 Kilometer vom wohligen zu Hause entfernt, eine schreiende Katzendame im Gepäck, Sorge im Herzen, inmitten der bornheimischen Pampa, und warteten auf den Abschleppdienst. Um die nun nachfolgende Odyssee abzukürzen: Mein Auto, meine Freiheit, meine alltägliche Möglichkeit, den Kopf frei zu bekommen, hat entweder eine defekte Kupplung, oder, wonach es leider eher aussieht, einen Getriebeschaden. Meine Bitch ist bereits über 13 Jahre alt, da ist nichts mehr mit Garantie, ich komme berufsbedingt nicht ohne Auto aus und besitze zu allem Überfluss ein reichlich leergeräumtes Konto. Außerdem hängt mein Herz an der vielfach verdellten und in diversen Rottönen lackierten alten Dame, ich kenne jede ihrer Macken, ich mag ihre ruppige Art beim Schalten, ich liebe ihr Röhren bei hohen Drehzahlen und das leise, aber doch satte Tackern ihrer Zylinder.
Nun warte ich also auf die nächste Diagnose. Es ist erstaunlich, wie so eine Seele tickt, wenn eine Backpfeife noch nicht verdaut werden konnte, und direkt die nächste folgt. Das Leben ist doch ein dreckiger Bluthund. Wenn ihn einmal jemand anders füttern könnte …?
Eigentlich geht es mir auch nur darum, Dir und Deiner Katzendame viel Glück zu wünschen, auf dass sich die Knoten bedeckt halten mögen.
Aber letztendlich sind unsere Stubentiger sowieso und ganz bestimmt unsterblich. Punkt.
Das Männchen ist 11, hat auch kaputte Nieren, kriegt Diätfutter und letztes Jahr hatte er eine sehr üble OP, bei der ihm der ganze Bauch aufgeschnitten wurde.
Oder auch kurz: ich fühle mit Dir!! Und drücke alle Daumen!!
Achja, das mit dem Auto ist auch scheiße!
Die Sache mit dem Auto... Mal rein mystisch betrachtet... Wer weiß, vielleicht hat das auf der Fahrt zum Tierarzt kurzfristig streikende Getriebe dich sogar gerettet. "Scheiß aufs Auto" sagt sich leicht, aber im Grunde kannst du froh sein, dass es nicht in einer Kurve stehenblieb, sondern auf der Hinfahr zufällig (?) direkt an der Ampel. Und auf der Rückfahrt zufällig (?) an der sicheren Parklücke.
Dankeschön, dass du es nochmals versucht hast. Und Dankeschön für den Glück-Wunsch. Das können wir gut gebrauchen. Und ja: PUNKT. (leises Lächeln)
Jagolina:
Herrje, das tut mir auch sehr leid mit deinem Mädchen und dem Männchen. Ich danke dir fürs Daumendrücken, und sei dir gewiss, dass ich meine für euch ebenso halte. Es ist so unglaublich, wie sehr einem diese befellten Familienmitglieder an und ins Herz wachsen.
Lydia:
Ja, das werde ich machen. Sie hüten wie meinen Augapfel :)
Was das Auto angeht:
Ich würde niemals „Scheiß aufs Auto“ zu meiner Bitch sagen. Das ging mir eher ans Herz, ich habe kein einziges Mal geflucht, war nur sehr traurig, überfordert und finanziell verzweifelt.
Was allerdings deine mystische Betrachtung angeht: Ich habe tatsächlich noch keinen Gedanken daran verschwendet, dass dieser auf den ersten Blick verdammt unpassende Moment vielleicht ein großes Glück war. Du hast so Recht. Dankeschön!
(Kommunikation mit mir klappt zur Zeit nicht so, entschuldige :))
Noch vor 3 Monaten war es eine Möglichkeit, die in Betracht zu ziehen war. Jetzt ist es Gewissheit: Die Knoten am Gesäuge des Engelchens sind gewachsen und haben sich vervielfältigt. Wir haben soeben einen Termin zur Entfernung der stärker „befallen
Aufgenommen: Dienstag, 30. Januar 2007