Dienstag, 19. September 2006
Unkommunikativ. Rücksichtslos. Uneinsichtig.
Beschwingt hüpfe ich die Treppenstufen hinunter, gehe meine Trainingsübungen bereits im Kopf durch. Ich bin gespannt, ob mich das neue Programm schaffen wird, versuche zu verdrängen, dass ich nun das Dreifache an Bauchmuskelübungen schaffen muss, befehle meinem Unterbewusstsein demonstrativ gute Laune. Pfeifend betrete ich also den Sportpark, biege um die Ecke und schmettere der Schließschrankschlüssel-Matrone einen energiegeladenen Wunsch rund um gute Tagesqualität entgegen. Sie antwortet nicht weniger energiegeladen – wenn auch deutlich burschikoser.
Diese Dame hat meine Kundenkarte bislang noch nicht entgegengenommen und in einen Schließschrankschlüssel verwandelt. „Guckt’n die so komisch? Na, bislang sind’se allesamt nett hier“ denk ich, während ich in meiner übervollen Handtasche nach der Karte angele. Ähem!
bellt es in mein Ohr. Ich hebe eine Augenbraue, gerade mal soweit, dass die dadurch entstandene Mehröffnung des Lides einen halbherzigen Augenkontakt zur räuspernden Schließschrankschlüssel-Matrone ermöglicht und krame weiter. Ts! Ts! Ts! Was seh ich denn daaa?
legt sie belehrend giftig nach und zeigt auf meine Tasche.
21. 22. 23. Mir wird bewusst, dass sie nicht AUF meine Tasche zeigt. Nein, sie zeigt IN meine Tasche.
23. 24. 25. Ich blicke gespannt in meine Tasche und versuche zu ergründen, was hier denn zu be-tststs-en sei.
26. 27. 28. Mir wird bewusst, dass sie ein Problem mit meinem Päckchen Zigaretten hat. Aus und vorbei mit der demonstrativ guten Laune. Ich merke, dass mir die Beherrschung entgleitet.
Rauchen ist ungesund!
kann die gute Schließschrankschlüssel-Matrone gerade noch ihrer Belehrung hinzufügen, bevor ich regelrecht platze. Ich habe schließlich nicht neben ihr im Café gesessen und meine Rauchschwaden in Ihren Kaffeedampf rübergeblasen. Ich habe ihre Kinder nicht zu mir ins Auto gesperrt und bei geschlossenen Fenstern auf sie eingeraucht. Ich habe nicht auf ihren Fußboden geascht. Ich habe meine Kippe nicht in ihrem Vorgarten entsorgt. Ich bin auch nicht als ahnungsloser Raucher auf Suche nach guten Ratschlägen bei ihr vorstellig geworden. Und trotzdem fühlt sie sich genötigt, mich an ihrer altklugen Meinung zu meinem Laster teilhaben zu lassen.
Eine Unverschämtheit, wie ich finde. Schon alleine, dass sie mir bewusst tief in die Tasche hineinsieht, empfinde ich als Eingriff in meine Privatsphäre. Und ich empfinde es als absolute Unart von Nichtrauchern, Raucher, welche in keinster Weise qualmbelästigend in Erscheinung getreten sind, ungefragt zu belehren. Mit einigen weniger freundlichen, dafür aber nun noch energiegeladeneren Worten informiere ich sie also über meine Position in dieser Angelegenheit ihre Position in meiner Angelegenheit, klaube mir den Schlüssel vom Tresen und entschwinde in der Umkleidekabine. Ganz der unkommunikative, rücksichtslose, uneinsichtige Raucher, der ich bin.
Also ich kann die burschikose Dame und ihren sicherlich lieb und gut gemeinten Ratschlag schon nachvollziehen. In nen Sportpark geht man ja schließlich auch, um der Gesundheit zu fröhnen. Da ist es ja quasi Aufgabe der dort Beschäftigten, auf das Wohl ihrer Schäfchen zu achten.
Auch wenn Du betonst, ungefragt belehrt zu werden: Irgendwie muss man das den Rauchern doch sagen. Die sind ja potentiell etwas überlegensresistent (wer sonst schadet seiner Gesundheit wissentlich?), und vielleicht benötigt es eben jener Worte, um dem Raucher seine Schadhandlung bewusst zu machen?
Sieh es doch einfach als das, was von der Fachfrau gemeint war. Hättest Du eine Currywurst in der Tasche gehabt, hätte sie sicher auch auf deren Ungesundheit hingewiesen.
Das gehört zum Service. :)
> Da ist es ja quasi Aufgabe der dort Beschäftigten,
> auf das Wohl ihrer Schäfchen zu achten.
Nein. Sagen wir mal so: Es ist die Aufgabe der Trainer, sich um die Gesundheit ihrer „Schützlinge“ zu kümmern. Was sie auch tun. Ich diskutiere meinen Nikotin- und Teerkonsum durchaus mit meinem Trainer, da er auch eine Art Betreuer ist, jemand, dem meine gesundheitliche Verfassung bekannt ist, jemand, der eben diese Verfassung einmal im Monat überprüft. Dieser Trainer hat eine Art Mitspracherecht in gesundheitlichen Belangen - alleine schon daher, dass er zumindest eine Ahnung von der Person hat, die ich bin.
Eine Frau aber, die weder meine gesundheitliche Verfassung kennt, noch mich niemals vorher zu Gesicht bekommen hat, hat andere Aufgaben. Die Ausgabe der Schließschrankschlüssel, das koordinieren von Terminen, das Zubereiten von Eiweißdrinks nach Verpackungsvorgabe. Nicht aber, in gesundheitlichen Dingen zu beraten.
> Sieh es doch einfach als das, was von der Fachfrau gemeint war.
Fachfrau? Woher hast du diese Information, dass sie eine Fachfrau ist? Soweit meine Kenntnisse reichen, hat die Dame zuvor etliche Jahre als Sekretärin eines Telekommunikationsunternehmens gearbeitet und übt diesen Nebenjob im Fitnessstudio erst wenige Monate aus. Aber interessant, dass du jemanden, der Rauchen kritisiert, direkt Fachwissen zusprichst, ohne Details zu kennen ;)
> Hättest Du eine Currywurst in der Tasche gehabt,
> hätte sie sicher auch auf deren Ungesundheit hingewiesen.
Da magst du recht haben, oder auch nicht. Mutmaßungen sind nicht so meins. Eines weiß ich aber: Hätte es sich bei der Packung Zigaretten in meiner Tasche um eine Currywurst gehandelt, und würde Currywurstessen gesellschaftlich ebenso agressiv verfolgt wie Rauchen, hätte ich keinen Deut anders reagiert.
Kommen wir jetzt zu dem Punkt, in welchem ich vollkommen enttäuscht den Kopf schüttele:
> Auch wenn Du betonst, ungefragt belehrt zu werden:
> Irgendwie muss man das den Rauchern doch sagen.
> Die sind ja potentiell etwas überlegensresistent
> (wer sonst schadet seiner Gesundheit wissentlich?),
> und vielleicht benötigt es eben jener Worte, um dem Raucher
> seine Schadhandlung bewusst zu machen?
Garvin, autsch. Ich frage mich spontan, ob du mir eben solche Sätze um den Kopf hauen würdest, würdest du nicht die Raucher verallgemeinern, sondern direkt mit mir sprechen. Könntest du, guten Gewissens und der festen Überzeugung, folgende Sätze sagen: „Irgendwie muss man das der serotonic doch sagen. Die ist ja potentiell etwas überlegensresitent (…), und vielleicht benötigt es eben jener Worte, um ihr ihre Schadhandlung bewusst zu machen“?
Das ist so unglaublich pauschal, du erkennst Rauchern einfach über den Kamm gekämmt einen guten Teil Reflektionsfähigkeit ab. Ich kann aber nur von mir sprechen. Ich sprach auch oben nur von mir. Wir hatten diese Diskussion schon so oft, auch bei dir im Blog. Du kennst meine Grundhaltung zum Thema Rauchen und mein Verhalten als Raucher schon seit mindestens 3 Jahren. Und immer wieder bitte ich dich, das Thema ein klein bisschen differenzierter zu betrachten. Ich würde mich freuen, wenn du es versuchen würdest :)
Edit: Ich habe, einen Tag später, das dringliche Gefühl, eine Menge Smileys nachreichen zu müssen, denn das liest sich harscher, als es gemeint ist. Also hier: :D + :P + ;) + :o) + ;D +soweiter ;)
> Ich frage mich spontan, ob du mir eben
> solche Sätze um den Kopf hauen
> würdest, würdest du nicht die Raucher
> verallgemeinern, sondern direkt mit mir
> sprechen.
Natürlich nicht. Ich habe versucht mich in die Lage der Bedienungs-Fachfrau *g* zu versetzen, die Dich an diesem Punkt vermutlich auch pauschal beurteilt hat. Die Sicht für's Pauschale eröffnet manchmal auch erklärende Perspektive; das ware alles, was ich mit meinem Kommentar verursacht haben wollte. Wie Du also erkannt hast, aber ich Dein Haar aus dem Pauschaulisierungskamm eigentlich sehr bewusst herauswuseln wollen. ;)
> Und immer wieder bitte ich dich, das
> Thema ein klein bisschen differenzierter
> zu betrachten. Ich würde mich freuen,
> wenn du es versuchen würdest :)
Lass mir doch das bisschen Freude, was ich noch beim Kamm-Scheren habe. Ich seh das als Spaß an, Missionierungswille im Sinne des Guten. Genauso wie Du Missionierungswillen zur De-Deskriminierung der Raucher hast. ;)
LG :)
ich hätte mich für den hinweis bedankt und vorm training genüsslich noch eine geraucht. ;-)
Abgesehen davon, dass sich heute wohl kaum noch einer einbildet, Rauchen sei gesund - da sind solche Belehrungen wirklich überflüssig und bewirken höchstens das Gegenteil. Hach, da würde ich mir aus lauter Solidarität auch am liebsten eine anstecken. ;-)
Und solch einen ungenierten Blick in die Tasche hätte ich auch als dreist empfunden - und selbst wenn, hätte sie es wenigstens für sich behalten sollen...
Wir hatten aber schon eine, die ganz demonstrativ mit ihrer Zigarette den Weg durch das Studio nach draußen machte, um dort eine zu rauchen (nicht die einzige, aber die Offensichtlichste). Die habe ich schon auch mal freundlich darauf angesprochen. Passte einfach nicht.
Was man mit seiner Gesundheit macht, muss jeder Mensch selbst wissen. Aus eigener Erfahrung aber haben wir seit Sommer guten Grund, nicht mehr zu rauchen.
aber so sind sie, ratschläge und belehrungen abgeben, die man gar nicht erbeten hatte. menschen.
Das wäre ja fast genauso als ob ein wildfremder Mensch sich an meinen PC setzt, mein E-Mailprogramm öffnet und meine Post liest.
Sie wissen schon, dass Raucher die Bildung unser Kinder bezahlen?!
Kein uninteressanter Gedanke, ja, auch ich sehe da Parallelen ;)
Die Trotzreaktion lag mir auch sehr nahe, aber da meine Nerven zur Zeit sowieso blank liegen, kam ich gar nicht mehr dazu, einen anderen Weg der Wutkompension zu beschreiten, als ihr die Meinung zu geigen. Gut getan hat das jedenfalls, mir zumindest!
Bina:
Ich fühlte mich sehr verstanden :)
Asa:
> Die habe ich schon auch mal freundlich darauf angesprochen.
> Passte einfach nicht.
Finde ich auch vollkommen OK. Freundlich in Kombination mit „demonstrativ“ ist hier das Stichwort. Wenn ich beim Suchen nach der Karte die Packung auf den Tresen geknallt und sie daraufhin einen freundlichen Hinweis gegeben hätte, hätte es hier nichts zum bloggen gegeben.
Natürlich passt es nicht. Und ich weiß, wie verdammt ungesund und gefährlich es ist. Ich hadere da ständig mit. Es ist das Problem, was die meisten haben: Mir fehlt die Stärke, die über ein Jahrzehnt ausgeübte Angewohnheit abzulegen. Schon der erste Schritt macht mir zu große Angst, denn dieser ist akuter, als die – aus meiner Position diffuse – Zukunftsaussicht mit schwerer Krankheit.
Morast:
Da hattest du doch vor kurzem noch einen Beitrag zu geschrieben. Naturgemäß gefällt mir deine Haltung in diesem Punkt sehr. Auch wenn ich gut verstehen könnte, wenn das anders wäre, das mit deiner Haltung zu stinkenden Klamotten & Co.
schoko-bella:
Menschen. Guter Punkt :)
Lydia:
Das, und ihr Ton, sind maßgeblich verantwortlich für meine Wutreaktion. Ob ich in Ihre Handtasche schauen darf, habe ich sie tatsächlich gefragt. Kühl auch - allerdings weniger lächelnd ;)
Jannek:
> Sie wissen schon, dass Raucher die Bildung unser Kinder
> bezahlen?!
Das empfinde ich als unverhältnismäißg unsachlich, das sind in meinen Augen genau die Reaktionen von Rauchern, die nicht unwesentlich dazu beitragen, dass der Konflikt immer höher kocht. Auch wenn ich wütend war, habe ich zumindest auf sachlicher Ebene diskutiert – weil ich das für wichtig halte. Eine Sache von Respekt. Denn rein inhaltlich hat sie schon Recht, das möchte wohl keiner bestreiten ;)
sachsenwunder:
Ich glaube schon, dass sie das begrüßt, dass ich dort trainiere, sie hat halt nur unüberlegt gehandelt ;)
> Kann alles tödlich enden.
> Wie das Leben an sich auch. Immer.
Natürlich hast du damit recht. Das ist aber nichts, worauf ich mich ausruhen möchte ;)
Das Problem liegt glaub ich woanders. Und fängt da an, wo der Fanatismus beginnt, bzw. das Gefühl andere vom eigenen Denken überzeugen zu wollen. - Eine freundschaftliche Diskussion ist was anderes. Aber im beschriebenen Kontext ist's halt absolut albern. Hätte sie auf ein "Hier ist Rauchen verboten"-Schild hinweisen können und Du hättest ne brennende Zigarette zwischen den Fingern gehabt - ich wäre ganz auf ihrer Seite. Aber nicht so.- Ich will ja auch nicht vom Küster belehrt werden, wenn ich Kondome in der Hosentasche habe, ohne in der Kirche wen flachzulegen. =)
Wobei ich sagen möchte: auch bei einem Schild und der brennenden Zigarette darunter ist was anderes als ein pseudo-elterliches "Tss tss tss" angebracht.
Ich rauche auch nicht. Und wenn jemand raucht, ist es mir egal. Soll er doch. Weiss jeder selbst*, dass er eine gute Chance hat, sich irgendwann erbärmlichst die Tumorfetzen aus der Seele zu husten. Ist ja seine Lunge.
Ich unterstütze ihn nicht so unbedingt (also ich hole niemand Zigaretten), aber sonst...- man kann sich und anderen das Leben aber auch schwer machen.
Woher kommt wohl dieser missionarische Eifer - gerade beim Nichtrauchen? Meiner Erfahrung nach sind ja gerade Ex-Raucher besonders schlimm.
Ist das der heimliche Neid, den man dann aber mal schnell irgendwo hin lassen muss?
Ist es der Status, den man bekommt, weil man inzwischen auf der "guten" Seite steht?
Hochinteressant, diese Mechanismen, und wenn ich einmal viel Zeit hätte, dann würde ich sie gerne erforschen ...
*) Ps.: Habt Ihr auch schon Leute dabei beobachtet, dass sie sich die Schachteln nach der Variante des "rauchen macht tot"- Spruch aussuchen? Das macht mir immer grosse Freude...
> missionarische Eifer
> - gerade beim Nichtrauchen?
Es gibt keine andere nicht-lebensnotwendige Tätigkeit (schönen Gruß an Nummer #10, sachsenwunder, mit seinem "Vergleich" zur Tafel Schokolade, Kaugummi, Auto fahren und in Urlaub fliegen), die Mitmenschen dermaßen belästigt und schädigt, wie Rauchen.
Sollen die Leute genießen und sich ihre Gesundheit kaputt machen (was schon schlimm genug ist, da Nicht-Raucher diese über das Krankenkassensystem subventionieren, und jetzt komm mir bitte niemand mit Tabak-Steuer und Rentenkassenentlastung ...) - brennende Augen und stinkende Klamotten gehörten früher leider zum Feier-Abend dazu. Da soll man nicht militant werden?
Wie heißt es so schön auf einem Flyer: was Raucher mit Nichtrauchern machen, nennt man beim Schwimmen "Ertränken".
Oder anders: das Verbreiten von blauem Dunst im Einzugsbereich von Nichtrauchern ist für mich vorsätzliche Körperverletzung, und insbesondere wenn Kleinkinder anwesen sind, an Rücksichtslosigkeit nicht zu überbieten.
Noch einen oben drauf: die häufige Argumentation "wen es stört, wenn sich jemand ne Kippe anmacht, soll ein paar Meter weitergehen oder einfach drum bitten, die Kippe wieder zu löschen" ist auch falsch - das wäre opt-out statt opt-in. Push statt Pull. Korrekt wäre, wenn ein Raucher zunächst bei allen potenziell Belästigten eine Erlaubnis zur Belästigung einholt - solche Raucher gibts übrigens auch, aber es ist leider eine winzige Minderheit.
Die Freiheit des Einzelnen endet dort, wo die des anderen beginnt!
Zum Blog-Eintrag: das Spiken in fremde Taschen gehört sich nicht, keine Frage.
Den Oberlehrerfaktor beim "Rauchen im Fitness-Tempel" hätte ich mir - lästig wie ich bin - allerdings auch nicht nehmen lassen. Ich wurde schließlich auch nie müde darin, über meine Badminton-Vereinskollegen zu lästern, die zwischen den Trainingseinheiten draussen gemeinsam pafften.
Körper stählen, an Geräten schwitzen, Saunieren, Gesundheitsshake trinken, teuer Studio bezahlen - und dann ne Packung Kippen dazu?! Soviel Hohn muß gestattet sein.
Andy
(.. der Snowboard und Motorrad fährt. Für beides kann man Steine werfen. Also los ...)
Übrigens gabs noch vor kurzem eine Studie, die erklärte, warum ein Land von Nichtrauchern zur Zeit überhaupt nicht finanzierbar wäre (Tabaksteuer entfällt, höhere Lebenserwartung bei nahezu unverändertem Pflegebedarf usw.)
Eine Diskussion um des Kaisers Bart. - Und hier gings vor allem um Äußerungen zur falschen Zeit am falschen Ort. Worauf wir beinahe alle adäquat reagiert haben =)
: die des anderen beginnt!
na, dann lass dem anderen doch seine Freiheit ;-)
Es ist ja gar nicht mal der missionarische Eifer, der uns Rauchern so auf den Zeiger geht, sondern diese Überheblichkeit, die da immer mitschwingt.
Nicht alle, aber sehr viele Nichtraucher und vor allen Dingen Exraucher haben oftmals diesen Ton drauf, der mir klarmachen soll, dass ich gaaaaanz weit unter ihnen stehe, da ich ja nicht so tough und willensstark wie sie bin und ein Opfer meiner Süchte und überhaupt ein ganz ein armes Würstchen.
Na und? Dafür töte ich keine Menschen, esse keine Innereien und popel nicht hinter dem Steuer. Aber ich rauche. Oft sogar gern.
Bei Nichtrauchern verneif ich es mir, in Restaurants krieg ich einen der Tische in Klo-Nähe und meine Kippen schmeiß ich artig weg.
Und ich unterstütze den Staatshaushalt.
Auch Raucher können gute Menschen sein ;o).
> der uns Rauchern so auf den Zeiger geht,
> sondern diese Überheblichkeit,
> die da immer mitschwingt.
Harmlos im Vergleich zur Rücksichtslosigkeit die Raucher fast ausnahmslos gegenüber über ihren Mitmenschen und ihrer Umwelt an den Tag legen.
> Dafür töte ich keine Menschen
Doch, genau das tun sie. Raucher töten.
> Und ich unterstütze den Staatshaushalt.
Alle Raucher, die sich stündlich eine Kippchenpause genehmigen, schädigen die Volkswirtschaft (und Krankenkassen!) mit Sicherheit stärker als sie den Staatshaushalt unterstützen und die Rentenkassen entlasten.
> Auch Raucher können gute Menschen sein
Die Exemplare, die nicht laufend Toleranz dafür einfordern, daß sie sich und ihre Mitmenschen vergiften, kann ich an einer Hand abzählen.
Und ich werd jetzt noch ein paar Menschen töten.
In militanten Kreisen geht's wohl doch nicht nur um die Vergeltung von Rücksichtslosigkeit durch Überheblichkeit; schließlich kann man da zum Beispiel lesen, dass über die Badmintonkollegen gelästert wird, obwohl sie *draußen* rauchen. Es dürfte also doch eine gewisse 'Ich bin besser als du'-Haltung mitspielen. But I've got news: Nicht nur der Raucher ist ein armes Würstchen, sondern auch jeder, der sich seinen vermeintlich höheren Wert auf Basis der Minderwertigkeit anderer errechnet. Dass solches nicht zugegeben wird, liegt auf der Hand, passt es doch nicht zum hochwertigen Selbstbild.
Auch ich werde wütend auf rücksichtslose Menschen, solche, die Musik in ohrenbetäubender Lautstärke hören, welche durch die Wände zu mir dringt, wenn ich konzentriert arbeiten muss; solche, die ihre Gerüche oder die ihres Essens in öffentlichen Verkehrsmitteln nicht für sich behalten können; die sich weigern, ein Fenster zu öffnen, weil es da kalt reinkommen könnte; die andauernd quasseln und nicht merken, dass man nicht interessiert ist; die ziellos im Stehen pinkeln und so mein WC versauen. Es sind sicher auch Nichtraucher darunter. Und auch sie schädigen meine Gesundheit, wenn auch mit etwas Glück 'nur' die nervliche Komponente.
Trotzdem schere ich nicht alle Musikhörer oder Stehendpinkler über einen Kamm. Differenzierungsfähigkeit. ;)
Das Wehren gegen rücksichtslose Raucher ist also natürlich legitim. Nicht jedoch das ungefragte Belehren von solchen, die nicht negativ aufgefallen sind, auch nicht im fragwürdigen Sinne einer mutmaßlich kollektiven Raucher-Schuld.
Und ganz bestimmt nicht unter dem scheinheiligen Deckmäntelchen, dass der Raucher sich selbst nichts Gutes tut.
Ich kenne einige Leute mit Gallen- oder Magenleiden, und ich weiß genau, was sie essen dürfen und was nicht. Dass es ihnen hinterher sehr schlecht geht, wenn sie es trotzdem tun. Ich behalte meine Gedanken im Restaurant beim Bestellen und Essen aber trotzdem für mich. Es geht mich nichts an, was sie mit ihrem Körper tun.
Dreist in jemandes Privatsphäre einzudringen und ihn dann aufgrund der so gewonnenen Erkenntnisse mit herablassenden Zischlauten abzuurteilen ist jedenfalls ein Armutszeugnis, wie ich es selten gesehen habe.