Dienstag, 30. August 2005
Staatsmännische Weiblichkeit gesucht
Irgendwie tut mir die CDUsche Front-Phrasenschleuder unglaublich leid. Einst ein echter Kerl eine unscheinbare Frau, heute aufgetütert zum blubbernden Knallbonbon.
Was soll ich von einer Frau halten, die eine führende Rolle besetzen möchte, aber noch nicht mal an sich selber festhält? Die sich und ihrem Image schneller untreu wird, als ich „Blobb” sagen kann? Was hält man generell von einer Frau, die sich optisch bis zur Unkenntlichkeit verbiegen lässt, nur um einem Schema zu entsprechen, das werbewirksamer wirkt?
Es stimmt, an ihrem Erscheinungsbild musste dringend gearbeitet werden. Aber, herrje, doch nicht so! Es ist ja nicht nur eine Mediengestalter-Binsenweisheit, dass Design zum Content passen muss, um glaubhaft zu wirken – das kann man getrost auf Kleidung und die Menschen darin übertragen.
Es hätte nun wirklich ausgereicht, Frau Merkel eine ordentliche Frisur und ein frisches (aber dezentes) Make-Up zu verpassen und sie in farblich schlichte, adrett geschnittene Hosenanzüge zu stecken. Darunter ein (von mir aus auch gerne apricotfarbenes) Top, fertig ist die unterstrichene Weiblichkeit, weggeblasen der nachlässig-kränklich wirkende Unauffälligkeitslook, die Seriosität gefestigt, das Gesicht gewahrt, prima!
Der merkelsche Stylist ließ jedoch jegliches Maß vermissen. Es mussten diese tuffigen Apricot-Kostümchen sein, in denen „Angie” zwar so lächerlich ausschaut, dass man sie kaum mehr für voll nehmen kann, dafür aber ein nachhaltiges Medienecho erzeugen.
„Angie”. Diese Verniedlichung ist ja auch so-was-von zum fremdschämen. Wenn ich ernst genommen werden möchte, lasse ich mir doch um Bastets Willen nicht den Namen auf ein Minimum beschneiden und mich verniedlicht wie einen Norfolk-Terrier rufen! Get dressed, Angie. Get dressed! Good Girrrl. Look at you, sweety, goood girl!
(Tätscheln, Hundekuchen einwerfen, Fell glatt streichen.)
Wo ist der Feminismus, wenn man ihn braucht? Wo sind die Frauen, die auf die Barrikaden steigen und ordentlich auf dieses Weibchen schimpfen, wo es denn bitte sein Rückrat gelassen hätte? Ich höre ein paar belächelnde Kommentare und vernehme auch ein wenig Ironie, vermisse aber den „So geht das aber nicht mit der Gleichstellung, Frollein, so wird das nie was mit uns Frauen in Spitzenpositionen”-Pranger.
Mir graut es vor dem Wahlergebnis. Wenn ich mir vorstelle, dass diese verfälschte Bonbon-Version einer Politikerin den dritthöchsten Posten dieses Landes bekleiden (haha!) könnte, rollen sich meine french manikürten Fingernägel nach außen.
Nicht, dass wir uns falsch verstehen: Eine Frau kann ich mir als Kanzler durchaus vorstellen. Eine Frau mit Rückrat, eine die sich nicht mir-nichts-dir-nichts verbiegen lässt und ganz klar ihre Linie fährt, inhaltlich sowie auch optisch. Da braucht es Kompetenz und Selbstbewusstsein – ob mit Brüsten oder ohne spielt für mich keine Rolle.
Letztes Jahr dachte ich mir noch, dass es ja schon lustig wäre, eine Frau als Kanzlerin zu haben. Aber ihre Art als Werbeflummi rumgereicht zu werden, finde ich wirklich traurig.
Meiner Meinung nach ist keine der beiden "großen Volksparteien" derzeit mit gutem Gewissen wählbar.
...in Verbindung mit einigen Aussagen über die von der CDU gewünschte Rolle der Frau von Paul Kirchhof aus Angie's Inkompetenzteam - die interessanterweise genau so wie schon die alten Wahlwerbespots der CDU klangen. Allerdings waren die noch S/W und gesprochen von Konrad Adenauer...
Ja, es ist wirklich ein Kreuz. Ich weiß auch immer noch nicht, was ich am 18. ankreuzen werde. Parteiprogramme und Wahl-O-Mat helfen mir da auch nicht weiter. Meine Entscheidung wird letzten Endes sicher wieder zu sehr von Sympathie beeinflusst sein *seufz*.
André:
Argh, nein, das habe ich anspruchsloses Huhn zugunsten tumber Serienbeschallung leider verpasst. Wird auch anscheinend nicht mehr wiederholt, ich Pechvogel.
Allerdings kann ich mir die Diskussion lebhaft vorstellen. Sagte ich schon *seufz*?